Aus dem FALTER 24/11
Joseph Gepp
So bringt man sich in eine verfahrene Situation: Weil Wiens katholische Kirchen oft leer stehen, will die Erzdiözese einige der – in der Erhaltung teuren – Kirchengebäude an andere Christen verschenken: vor allem an die zahlreichen Wiener Serbisch-Orthodoxen, die Orte für ihre Gottesdienste suchen. Nachdem der erste Versuch – die Übergabe der prachtvollen Maria vom Siege am Gürtel – am Denkmalschutz scheiterte, glaubt Kardinal Schönborn nun in Ottakring fündig geworden zu sein. Dass die schlichtere Neulerchenfelder Kirche den Serben gegeben werden soll, scheint vonseiten der Diözese fix.
Mit einer Sache hat der Bischof aber nicht gerechnet: Gerade hier hält die polnische Gemeinde um Pfarrer Tadeusz Cichon ihre Messen ab. Im Gegensatz zur taufscheinkatholischen Mehrheit sind Wiens 36.000 Polen neben 50.000 Kroaten äußerst brave Katholiken. Ausgerechnet mit den treuesten Schäfchen muss die Diözese nun also streiten. Cichon will nicht weichen und hat sogar den Vatikan angerufen. Dieser setzte die Schenkung vorerst aus und zwang die Streithähne zu Verhandlungen. Dieser Tage finden die Gespräche zwischen Erzdiözese und den widerspenstigen Polen statt – mit einer Lösung wird vorerst nicht gerechnet.