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Spende gut, alles gut?

Aus dem profil 22/2019 vom 19.05.2019

Im Fahrwasser der Aufregung um FPÖ-nahe Vereine ist auch die ÖVP in die Kritik geraten.

Von Joseph Gepp und Jakob Winter

Ein Verein sammelt Geld von reichen Spendern. Damit werden Ausgaben für eine politische Partei bestritten. Der Rechnungshof, der Parteispenden kontrollieren müsste, weiß nichts von der Existenz des Vereins. Das ist das mutmaßliche Muster der verschleierten Parteienfinanzierung à la Ibiza. Mittlerweile sind tatsächlich dubiose FPÖ-Vereine samt Zahlungen aufgetaucht. Doch wie steht es um die anderen Parteien? Vor allem die ÖVP ist in den vergangenen Tagen in die Kritik geraten. Schon im Nationalratswahlkampf 2017 gab sie mit 13 Millionen Euro mehr als doppelt so viel aus, als laut Parteiengesetz zulässig wäre. Nun tauchen auch im Umfeld der ÖVP Vereine auf. So wird die Website von Kanzleramtsminister und ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel von einem „Verein zur Förderung bürgerlicher Politik“ betrieben, der als Herausgeber angegeben ist. Sitz laut Impressum: die ÖVP-Zentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse. Kritik muss sich überdies Lukas Mandl gefallen lassen, ÖVP-EU-Abgeordneter. Seine EU-Wahlkampagne wird vom Verein „VSM -Vorzugsstimmen für Lukas Mandl“ finanziert. Wer steht hinter diesen Vereinen und wer sind die Financiers? Das wollen etwa die NEOS wissen. Jedenfalls dürften die Vereine von Blümel und Mandl nur einen kleinen Ausschnitt darstellen. Wie ein Blick in die Transparenz-Datenbank „meineabgeordneten.at“ zeigt, sind fast alle Politiker in Vereinen tätig. Allerdings: Inwiefern tatsächlich Parteienfinanzierung im Spiel sein könnte, lässt sich kaum sagen. Manche Vereine engagieren sich ganz regulär für einen bestimmten Zweck, sei es das lokale Jugendzentrum, sei es ein Blumenzüchterklub. Andere existieren umgekehrt ganz im Geheimen, so wie die FPÖ-Vereine. Eine dritte Kategorie von Vereinen schließlich scheint zwar offen auf, etwa auf den Websites von Politikern -allerdings erschließt sich deren Zweck kaum. Zu dieser Gattung zählen auch die Vereine von Blümel und Mandl.

„Reine Oppositionsshow“, sagt jedenfalls Michael Ulrich, Sprecher der ÖVP Wien über die Kritik an Blümels Verein. Dieser sei schlicht „eine Informationsund Mitmachplattform für Menschen, die die Politik von Blümel gut finden, ohne sich gleich an eine Partei zu binden“. Finanzierung? Ausschließlich vonseiten der ÖVP Wien. Man sammle keine Spenden, sagt Ulrich. Der Verein führe nicht einmal ein eigenes Konto.

Etwas komplizierter wird es bei Lukas Mandl. Dessen 2012 gegründeter Verein mit Sitz in Salzburg sammelt durchaus Spenden. Wie Mandl auf Facebook erläutert, spendeten in den vergangenen zwölf Monaten 22 Personen insgesamt 40.399 Euro an den Verein. Auch im niederösterreichischen Wahlkampf 2013 kamen knapp 4000 Euro Spendengeld zusammen, so Mandls Büro auf profil- Anfrage. Bei anderen Wahlkämpfen, an denen Mandl ebenfalls teilnahm (EU-Wahl 2014, niederösterreichische Gemeinderatswahl 2015), will der Verein wiederum keine Spenden gesammelt haben. Entscheidend: Alle Spenden ab 3570 Euro seien regulär an den Rechnungshof gemeldet worden -ganz wie es das Gesetz vorsieht.

Mandl rechtfertigt die Existenz seines Vereins ähnlich wie Blümel. „Es gibt über die Partei hinaus Menschen, die Mandls Arbeit unterstützen wollen“, so sein Büro. Diese hoffe man mit einem personalisierten Verein gezielt anzusprechen.

Alles sauber also? Selbstverständlich, sagen die Politiker. Das wahre Problem dahinter: Die Angaben lassen sich nicht überprüfen. Man muss Blümel und Mandl -und allen anderen Politikern mit Verein -schlicht glauben, dass sie keine Spenden bekommen oder, falls doch, diese vorschriftsgemäß an den Rechnungshof melden. Das liegt an Österreichs extrem intransparentem System der Parteienfinanzierung.

Ob etwa ein Politiker Spenden tatsächlich meldet, lässt sich kaum feststellen. „Die sogenannten Rechenschaftsberichte, in denen die Parteien ihre Spenden auflisten, erscheinen immer erst zwei Jahre im Nachhinein“, erklärt Mathias Huter, Transparenzaktivist vom „Forum Informationsfreiheit“ in Wien. In den Berichten finden sich lediglich kumulierte Zahlen, also die Gesamtsummen der Spenden. Wenn ein einzelner Politiker behauptet, seine Spende sei inkludiert, lässt sich dies nicht widerlegen. Dazu kommen weitere Lücken. Wahlkampfkosten müssen nicht extra ausgewiesen werden, wie der Politologe Hubert Sickinger von der Universität Wien kritisierte. Bedeutende Teilorganisationen von Parteien, etwa Parlamentsklubs und Akademien, werden überdies nicht von den Regeln zur Parteifinanzierung und Rechnungshofkontrolle umfasst. Vor diesem Hintergrund reagierte Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker vergangene Woche auf die Ibiza-Affäre. Kraker fordert weit mehr Transparenz bei Parteienfinanzierungen – und zwar noch vor der Neuwahl im Herbst. Unter anderem sollen die Prüfer des Rechnungshofs tatsächlich in die Bücher der Parteien blicken dürfen, statt nur Auszüge zu bekommen. Zudem sollen Verstöße mit strafrechtlichen Sanktionen belegt werden. Es wird sich zeigen, ob die Vorschläge im freien Spiel der Kräfte im Parlament eine Chance auf Umsetzung bekommen. Joseph Gepp/Jakob Winter

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Enteignungen? Ja, sie sind denkbar

Aus dem FALTER 47/2014

Warum man die wohnpolitischen Vorschläge der Grünen nicht als planwirtschaftlichen Unsinn abtun sollte

Kommentar: Joseph Gepp

Es sind noch viele Monate bis zur Wien-Wahl, und trotzdem hat die Stadt schon ihren ersten Wahlkampfaufreger: Im letzten Falter schlug Wiens grüner Planungssprecher Christoph Chorherr eine „Enteignung“ von Grundstücken vor – als allerletztes Mittel und gegen Kostenerstattungen. Angesichts massiv steigender Grundpreise führe kein Weg daran vorbei, wolle man verhindern, dass die Mittelschicht langfristig aus der Stadt verdrängt wird.

Enteignung, das klingt böse. Ein solcher Eingriff ins Privateigentum verstößt, so scheint es, gegen Grundwerte unserer Gesellschaft. Entsprechend heftig fielen die Reaktionen aus. Über „kommunistische Planwirtschaft“ und „ein gefährliches Weltbild“ erbosten sich Wiens ÖVP und FPÖ. ÖVP-Bundesgeneralsekretär Gernot Blümel twitterte: „Ich pack’s nicht!“

Doch wer kurz die Aufregung aus der Debatte nimmt, erkennt: Der Vorstoß der Grünen – ob man sich ihm nun anschließt oder nicht – fußt jedenfalls nicht auf kruden planwirtschaftlichen Fantasien, sondern auf tatsächlichen Problemen dieser Stadt. Diese spitzen sich seit Jahren zu. Man muss, Enteignung hin oder her, dringend Lösungen für sie finden.

Die Probleme resultieren aus Wiens starkem Bevölkerungszuwachs und aus der Neigung von Anlegern, in Krisenzeiten in sicheres Betongold zu investieren. Es sind Investments, die sich auszahlen: Ein Quadratmeter Bauland in Wien hat sich laut dem Verband gemeinnütziger Bauträger zwischen 1987 und 2010 um durchschnittlich 160 Prozent verteuert (nicht inflationsbereinigt). Die Preise für Eigentumswohnungen steigen derzeit jedes Jahr um 9,4 Prozent. Ein Quadratmeter Wohnung in Wien ist laut Nationalbank heute um 79 Prozent teurer als Anfang 2007.

Wo solche Tendenzen hinführen, ist klar: Immer mehr Wiener können sich hohe Mieten oder teure Eigentumswohnungen nicht mehr leisten. Sie müssen in (viel) schlechtere Wohnungen übersiedeln. Oder gleich raus aufs Land, wo das Wohnen noch leistbar ist. Die Konsequenzen sind fatal: lange Pendelwege hinein in die Stadt, was sich schlecht auf Umwelt und Lebensqualität auswirkt. Und innerhalb der Stadt eine stärkere Trennung in Reichen- und Armenviertel.

Nun hat Wien bereits seit Jahrzehnten ein hervorragend erprobtes Mittel, um solchen Problemen entgegenzutreten: den sozialen Wohnbau. Ganze 57 Prozent aller Wohnungen in der Stadt sind kommunal geförderte Gemeinde-oder Genossenschaftswohnungen. Dieser Umfang sucht international seinesgleichen. In vielen Städten gilt Wien deshalb als Vorbild. Aufgrund des sozialen Wohnbaus sind die Wohnpreise hier im internationalen Vergleich immer noch moderat. Denn alle Preisexplosionen der vergangenen Jahre haben sich weitgehend auf den privaten Sektor beschränkt.

Warum soll man also enteignen, mag man die Grünen fragen. Wien hat doch den sozialen Wohnbau. Diesen zu erhalten und auszubauen reicht doch, um der Mittelschicht wie bisher das Wohnen zu ermöglichen. Doch genau hier liegt das Problem.

Der soziale Wohnbau hat sich an Preisobergrenzen zu orientieren. Man muss Wohnungen günstig errichten, um sie günstig vermieten zu können. Und genau das wird aufgrund steigender Bodenpreise immer schwieriger. Noch behilft sich die Gemeinde damit, große Gebiete am Stadtrand zu erschließen, zum Beispiel auf dem Flugfeld Aspern. Doch der leistbare Boden wird knapp. Deshalb werden bereits heute viel weniger geförderte Wohnungen errichtet als notwendig, auch wenn sich die Gemeinde derzeit stark um eine Aufstockung bemüht.

Es muss also etwas getan werden, damit Wiens sozialer Wohnbau in ein paar Jahrzehnten nicht zu einem marginalen Restbestand verkommen ist. Es gilt, die soziale Ausgewogenheit der Stadt in die Zukunft zu retten. Noch besteht die Möglichkeit dazu. Dass sie bedroht ist, zeigen die explodierenden Preise.

Nun sind die umstrittenen Enteignungen bei weitem nicht das einzige Instrument, das sich gegen das Problem anwenden ließe. Es gibt auch andere Ideen. Zum Beispiel Strafzahlungen für Wohnungen, die lange leerstehen. Oder Steuern auf immense Wertzuwächse von Immobilien. Viele derartige Regeln werden in deutschen und schweizerischen Kommunen erfolgreich angewandt.

Und selbst die Enteignungen sind auf den zweiten Blick nicht so abstrus, wie es scheint. In Norwegen ist es normal, dass Grundeigentümer enteignet werden, weil zum Beispiel ein Kindergarten in der Nachbarschaft erweitert werden muss. Dies geschieht unter strikten Bedingungen – und gegen fette Abfindungen. Es ist das gleiche Prozedere, wie wenn hierzulande für den Bau einer Straße enteignet wird.

Welche Maßnahmen auch immer man vorzieht: Jedenfalls sind jene politischen Mitbewerber, die jetzt „Planwirtschaft“ in Richtung der Grünen rufen, gefordert, andere Ideen auf den Tisch zu legen. Vielleicht sind sie ja besser. Sicher ist nur: Von allein wird sich die Entwicklung hin zu höheren Wohnpreisen und stärkerer Verdrängung nicht umkehren.

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Krieau: Die Causa um Immobiliendeals hat Folgen im Gemeinderat

Aus dem FALTER 19/2014

BERICHT: JOSEPH GEPP

Vor drei Wochen berichtete der Falter über fragwürdige Immobiliendeals rund um die Trabrennbahn Krieau im Prater. Die Stadt Wien hat dort hochlukrative Grundstücke an die private Immobilienfirma IC Projektentwicklung verkauft – mutmaßlich zu einem äußerst günstigen Preis.

Im Gemeinderat greift nun vor allem die oppositionelle ÖVP die Causa auf. So musste sich vergangenen Dienstag im Rathaus SPÖ-Wohnbaustadt Michael Ludwig, in dessen Zuständigkeit Immobilienverkäufe fallen, den Fragen des ÖVP-Mandatars Alexander Neuhuber stellen.

Ludwig sagte, was er zuvor auch schon dem Falter gesagt hat: Er sehe keine Unregelmäßigkeiten, weil ein unabhängiger Sachverständiger den Kaufpreis für die Krieau beschlossen habe (siehe auch hier). Ludwig stritt auch ab, jene Rathausbeamten zu kennen, die im Jahr 2007 schriftlich vor dem Deal gewarnt haben, weil die Verkaufskonditionen für die Stadt derart schlecht sind – der Falter berichtete.

Am nächsten Tag ging es gleich wieder um die Krieau – erneut auf Initiative der Wiener ÖVP. Diesmal forderte die Partei mit Verweis auf die Krieau und andere Immobiliendeals ein neues Gesetz, das Immobilienverkäufe der Stadt Wien transparenter machen soll. Die regierende SPÖ allerdings wies das Ansinnen zurück. Man solle der Stadtregierung doch einfach „vertrauen“, rief der SPÖ-Abgeordnete Georg Niedermühlbichler den Oppositionsparteien zu. Für den grünen Koalitionspartner riet Planungssprecher Christoph Chorherr prinzipiell von weiteren Grundstücksverkäufen ab und plädierte stattdessen in Zukunft stärker für die Vergabe von Nutzungsrechten.

Die Causa Krieau könnte auch außerhalb des Gemeinderatssaals noch Folgen haben. Die Oppositionsparteien wollen zunächst den Stadtrechnungshof mit der Angelegenheit befassen. Dazu hat die FPÖ den einstmals zuständigen Wohnbaustadt Werner Faymann auch angezeigt – wegen mutmaßlicher Untreue.

Stallungen neben der Trabrennbahn: Unter anderem hier sollen ab 2015 Büros und Wohnungen entstehen (Foto: Heribert Corn)

Stallungen neben der Trabrennbahn: Unter anderem hier sollen ab 2015 Büros und Wohnungen entstehen (Foto: Heribert Corn)

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