Kommentar Ortstafeln
Aus dem FALTER 15/2011
Leidig. Das ist das Attribut, das Journalisten gern dem Wort „Ortstafelstreit“ voranstellen. Ach, wie uns dieses Thema doch seit Jahren nervt. Ach, wie schön, dass Kärntens bockige FPK-Clique und die großkopferten Wiener von der SPÖ endlich einen Kompromiss gefunden haben, um es uns künftig zu ersparen. Ach, wie dumm: Es gibt ja noch die Slowenen.
Wer Berichte in Sachen Ortstafeln verfolgt, gewinnt den Eindruck, beim Aufstellen der Tafeln handle es sich um eine völlig zweckfreie Pflichtübung, um das allgemeine Fremdsprachenniveau zu heben oder die Heilige Hemma um reiche Ernte zu bitten. In Wahrheit geht es um ein Recht einer nationalen Minderheit, das im Staatsvertrag verankert und in Verfassungsurteilen festgeschrieben ist. Politik und öffentliche Wahrnehmung haben diese Rechtsfrage in einen innenpolitischen Verhandlungsgegenstand verkehrt. Dadurch ist ein grundlegendes Missverständnis entstanden: Es scheint, als würde die Mehrheit der Minderheit einen Gefallen tun, indem sie sich auf zweisprachige Ortstafeln bei 17,5 Prozent Slowenischsprachigen einigt. Tatsächlich muss man schon bei einem Anteil von 10 % Ortstafeln aufstellen. Die Minderheit tut der Mehrheit den Gefallen, indem sie davon abrückt.
Wenn also SPÖ-Staatssekretär Josef Ostermayer vom „breiten Konsens“ und FPK-Landeshauptmann Dörfler von einer Lösung „aller Kärntner“ spricht, zeugt das von wenig Verständnis für die Idee hinter dem Minderheitenschutz. Es geht eben nicht um den Willen der großen Masse, sondern darum, wie man legitime Bedürfnisse der Minderheit vor seiner Übermacht schützen kann. „Wo der Starke auf den Schwachen trifft“, schrieb Jean-Jacques Rousseau, „ist das Gesetz die Freiheit des Schwächeren.“
Stattdessen werfen die Politiker den Slowenen Querulantentum vor, wenn sie sich dem Verhandlungsergebnis nicht beugen. Fordern sie weitere Ortstafeln, wird ihnen unterschwellig eine Bazarmentalität unterstellt. Dabei verkennen die Politiker, dass eben ihr eigenes Feilschen zu dieser Situation geführt hat. Als Leitmotiv über all dem dient, das Thema „ein für allemal aus der Welt zu schaffen“ (Ostermayer), statt einer Minderheit zu ihrem Recht zu verhelfen.
Wie man dem Kärntner Slawenkomplex nachhaltig entgegenwirken könnte, das müssen die Volkskundler eruieren. Dass aber eine Minderheit in einer westlichen Demokratie anno 2011 um ihr Recht bitten und feilschen muss, ist unwürdig. Es würde der Diskurskultur in diesem Land guttun, wenn sich die Slowenen noch lang und hartnäckig querlegen.