25. Juli 2013 · 12:41
Aus dem FALTER 30/2013
Sommerinterviews, Teil 1 Der Liberale Matt hias Strolz, Chef der Neos, und der Kommunist Mirko Messner von der KPÖ sind sich in vielen Reformvorschlägen einig. Wie würde ihr Österreich aussehen?
Gespräch: Joseph Gepp, Barbara Tóth
Foto: Christian Wind
Auf drei Prozent bei der Nationalratswahl am 29. September kommen laut einer aktuelle Umfrage die Neos, die neue Kleinpartei des Vorarlberger Ex-ÖVPlers Matthias Strolz. Ein Prozent erreichen laut der Umfrage die Kommunisten unter Parteichef Mirko Messner. Beide Parteien schaffen es also möglicherweise nicht über die Vier-Prozent-Hürde. Strolz und Messners Ansichten sind zwar denkbar unterschiedlich, und doch eint sie ein Zorn aufs System, den nur diejenigen empfinden können, die kein Teil von ihm sind. Um ebendiese Todsünde, den Zorn, dreht sich das erste Falter-Sommergespräch im Schanigarten des Volksgarten Pavillon.
Falter: Sind Sie zornig auf Österreichs Politik?
Matthias Strolz: Zorn trifft es nicht. Ärger eher. Zorn ist blind. Auf Basis von Zorn kommt man nicht sortiert in eine Handlung, er leitet in Affekte, Reflexe. Ein gerüttelt Maß an Emotionen haben wir schon. Auf das Bildungssystem etwa. Aber ich bin Vorarlberger. Also sagen wir: am Rand des Zorns.
Mirko Messner: Wer angesichts von Unterdrückung und Ausbeutung keinen Zorn spürt, ist moralisch fertig oder ein Profiteur des Systems. Aber Zorn ist ein schlechter Organisator. Zorn allein bringt noch keinen organisierten Widerstand, doch um genau den geht es. Zorn zu kanalisieren – das ist auch Aufgabe der KPÖ.
Und Sie als Person? Muss man zornig sein, um in die Politik zu gehen?
Strolz: Politik braucht Emotion. Das war der Kardinalfehler der heimischen Intellektuellen, die auf das Phänomen Jörg Haider immer mit Sachlichkeit geantwortet haben.
Messner: Die Emotionen, die Haider geweckt hatte, waren aber destruktiv. Er hat das reaktionäre Substrat geweckt. Er hat sich als Antidepressivum fürs Volk gegeben. Das hat die herrschenden Zustände letztlich stabilisiert.
Strolz: Absolut. Aber auch auf destruktive Emotionen sollte man mit Emotion antworten, nicht mit Sachlichkeit. Mit sachlicher Leidenschaft. Wenn man als völliger Außenseiter startet wie wir, kann alles nur aus einem inneren Ort heraus kommen. Das hat mit Mission zu tun. Wozu? Wohin? Sonst steht man es nicht durch.
Was ist zuerst da: die Inhalte oder die Emotion?
Strolz: Die Emotion bringt die Inhalte.
Messner: Wenn man in die Politik geht, dann geht man ja nicht in den Supermarkt und sucht sich die passende Emotion, etwa Zorn, aus, sondern es ergibt sich aus den Lebensumständen – wenn man behindert wird, ins soziale Abseits gedrängt wird.
Die Neos, wofür stehen die eigentlich?
Strolz: Ich möchte ein Österreich mit mehr Luft zum Atmen. Wir sind alle gleich an Würde und Rechten. Mehr Eigenverantwortung. Jedem Kind die Flügel heben, in der Schule. Bildung ist vererbt in Österreich, das ist elend, da krieg ich solche Kabel.
Sie sind wirtschaftsliberal, aber nicht so richtig. Weil es in Österreich nicht so gut ankommt. Sie wirken phasenweise wie eine Altpartei. Zu wenig zornig, könnte man auch sagen.
Strolz: Richtig. Wir sind Idealisten und Pragmatiker gleichermaßen. Die Grünbewegung, das waren Idealisten, aber sie haben 25 Jahre pubertiert. Das war nicht zum Vorteil des Landes. Viele von uns bei den Neos tragen jetzt schon Verantwortung. Ich zum Beispiel habe ein Unternehmen aufgebaut. Wir haben den Zug zum Tor, wir sind umsetzungsorientiert. Philosophische Zirkel interessieren uns nicht.
Sie sind auch postideologisch?
Strolz: Ja, aber wertebasiert. Ohne Werte geht es nicht, sonst wird es beliebig. Ob wir liberal sind oder nicht, ist für andere wichtig. Für mich nicht. Eigenverantwortung, Nachhaltigkeit, Authentizität – wir haben uns vorgenommen, nicht zu lügen, was schwierig ist in der Politik – und Wertschätzung.
Die Kommunisten haben – in der Geschichte – den Zorn der Erniedrigten kollektiviert und institutionalisiert, so sah es zumindest Peter Sloterdijk in seinem Buch „Zorn und Zeit“. Zorn gäbe es auch heute genug – wieso kommen sie trotzdem nicht vom Fleck?
Messner: Weil Österreich im europäischen Vergleich immer noch gut dasteht. Die Folgen des Niederreißens des Sozialstaats werden bei uns zeitverzögert ankommen.
Es geht uns nicht schlecht genug, damit die Menschen die KPÖ wiederentdecken?
Messner: Nein, das ist kein Automatismus. Österreichs politische Kultur ist seit 1945 vom Axiom des Antikommunismus geprägt. Deswegen setzt sich die KPÖ schwer durch. Die Sozialdemokratie hier hat immer links geblinkt und ist nach rechts gefahren. Der linke Flügel hat sich nie gelöst. Auch das ist eine historische Hypothek.
Nutzt der KPÖ die Krise also nicht? In anderen Ländern geht die Logik auf, dass die Krise der Linken nutzt.
Messner: Wenn sich die Gesellschaft nach der Logik richten würde, hätten wir viele Probleme nicht.
Strolz: Wir sind ein Kind unserer Zeit. Aber in unserem Fall hat das weniger mit der Wirtschaftskrise zu tun als mit dieser Welle, die über den Planeten geht, in der wir auch ein ganz kleines Gesicht sind. Die Welle ist so groß wie damals die Friedens-, Frauen- oder Grünbewegung. Wir haben noch keinen Namen für sie. Arbeitstitel könnte sein: Teilhabe. Sharing. Facebook, Wikipedia, Piraten -das sind einige ihrer Gesichter.
Historisch und personell gesehen sind die Neos eine Neuinterpretation der Liberalen. Und damit kämpfen sie auf ähnlich schwerem Terrain wie die KPÖ. Denn eine liberale Tradition fehlt Österreich genauso wie die einer akzentuierten Linken.
Strolz: Es gab einmal ein Aufflackern des liberalen Gedankens Ende des 19. Jahrhunderts, dann haben sich die beiden großen Lager gebildet, das sozialistische und christlich-soziale, die uns jetzt 100 Jahre geprägt und sich alles untereinander ausgemacht haben. Sie gründeten ein Machtkartell, das verdammt erfolgreich war. Sozialer Frieden, Wohlstand – wir haben den Großparteien schon viel zu verdanken. Aber wir alle spüren, dass dieses dominante Muster im Sterben liegt. Wenn wir im Jahr 2025 die Geschichtsbücher aufschlagen werden, werden wir darin lesen, in Österreich hat sich zwischen 2013 und 2023 eine neue Machtmechanik gebildet. Vielleicht wird die Überschrift „Dritte Republik“ heißen, aber nicht im Haider’schen Sinne.
Ihr Wahlziel?
Strolz: Fünf plus. Und dieses Machtkartell brechen.
Messner: Reinkommen. Wobei das eine Überraschung wäre, ein Tabubruch. Der Platz der linken, sozialen Opposition ist unbesetzt und den wollen wir einnehmen. Denn eines muss ich schon sagen: Die Neos sind nicht mehr als ein Verschnitt aus Industriellenvereinigung, ÖVP und ein paar anderen Parteien. Sie stellen nichts wirklich in Frage. Die Zahl der Millionäre in der Krise steigt? In Österreich lebt über eine Million Menschen am Rand der Armut? Das ist Ihnen, Herr Strolz, egal.
Nennen Sie ein konkretes Projekt, das Sie als Erstes angehen würden im Parlament.
Messner: Wir würden den Banken kein weiteres öffentliches Geld in den Rachen schieben. Die Banken, die sich verspekuliert haben, sollen in Konkurs gehen.
Strolz: Das ist eine Neos-Position. Bankeninsolvenzrecht. Da sind wir nicht so weit auseinander.
Inzwischen vertritt diese Position sogar die Finanzmarktaufsicht.
Messner: Nur, warum erst jetzt? Warum haben sie nichts gemacht?
Strolz: Warum haben wir fünf Jahre verloren?
Messner: Als Zweites würden wir eine Steuerumverteilung von unten nach oben angehen.
Strolz: Das sehe ich anders.
Messner: Das denke ich mir.
Herr Strolz, Ihr erstes Projekt?
Strolz: Bildung. Die Liesl Gehrer versprach im August 2001, dass ein neues, zeitgemäßes, modernes Dienstrecht eingeführt wird. Vor drei Wochen sagte Lehrergewerkschafter Fritz Neugebauer noch: Ich habe keinen Stress. Wir können noch drei Jahre verhandeln. Dann hätten wir 15 Jahre verhandelt! Das zum Thema, was mich zornig macht. Wir wären im Parlament so etwas wie ein Mediator. Wir können zusammenführen. Prozessorientiert. Bildungsreformen -in fünf Jahren muss das machbar sein. Mit gutem Willen.
Wie wahrscheinlich ist denn, dass Sie Ihr Wahlziel erreichen?
Strolz: 90 Prozent.
Messner: 50 Prozent.
Werden Sie einander Stimmen wegnehmen?
Strolz: In Graz vielleicht. Dort hatte die KPÖ über 20 Prozent, aber sie wählten kein Programm, sondern eine Person. Da machen wir uns Hoffnungen.
Messner: Das wird euch nicht gelingen. Unsere Wähler schauen sich die Programme an. Diese neoliberale Ausrichtung eurer Wirtschaftspolitik springt einem derart ins Auge, ihr beruft euch sogar auf die Industriellenvereinigung in Sachen Steuern.
Strolz: Das ist auch ein gutes Konzept.
Messner: Bloß für wen, ist die Frage.
Strolz: Die KPÖ kann keinen sinnvollen Beitrag leisten. In der Art und Weise, wie sie sich organisiert, wie sie sich einbringt – das werden die Grazer Wähler möglicherweise bedenken. Das eine oder andere Moment eurer Ideen wäre schon hilfreich, aber ihr habt so einen Rucksack an tragischer Geschichte am Rücken. Warum schneidet ihr den nicht einfach ab und sagts …
Kommt zu uns?
Messner: Wir hätten zehn Rucksäcke.
Strolz: Nicht „kommt zu uns“, aber warum verabschiedet ihr euch nicht vom tragischen Etikett „kommunistisch“?
Messner: Es steht für Tragik, aber auch für Erhebungen. Jede Partei hat ihre spezielle Geschichte.

Matthias Strolz (Neos) und Mirko Messner (KPÖ). Foto: Christian Wind
Nie überlegt, den Namen zu ändern?
Messner: Es hat Diskussionen gegeben, und letztlich haben wir uns für die Beibehaltung entschieden. Kommunismus als Vorwurf richtet sich früher oder später gegen jede progressive, systemkritische oder soziale Bewegung, da spielt es keine Rolle, wie sie sich nennt. Zudem ist der Name KPÖ auch der Name des antifaschistischen, demokratischen und sozialen Widerstands.
Strolz: Aber was bitte ist neoliberal? Die Antwort hätte ich jetzt noch gerne.
Messner: Bitte schön: etwa das durchschnittliche Pensionsalter auf 62 Jahre anheben, von 58 Jahren.
Strolz: Jawohl!
Messner: In einer Periode, wo ein älterer Arbeitsloser nicht einmal Jobs findet? Dann: die Kosten im Gesundheitssystem senken ohne die Qualität der Versorgung zu mindern?
Strolz: Indem wir den schwachsinnigen Föderalismus abschaffen.
Messner: Dafür bin ich auch. Aber ihr und eure Konzepte wirken wie die klassischer Parteien, entstanden, ohne die wirklich Betroffenen, die Praktiker vor Ort einzubinden.
Strolz: Alle sind eingebunden! Wir machen Online-und Offline-Konzepte unter Einbindung von tausenden von Menschen.
Messner: Die tausenden würde ich gerne sehen.
Strolz: Wir sind eine Bürgerbewegung. Wenn ich in Österreich zum Beispiel 40 Prozent mehr Spitalsbetten als im OECD-Schnitt herumstehen habe …
Messner: Was ist so schlecht daran?
Strolz: Dass wir es zahlen müssen. Das ist verantwortungslos unseren Kindern gegenüber.
Messner: Verantwortungslos ist, wenn man glaubt, das Gesundheitswesen mit Gewinnorientierung führen zu können.
Strolz: Ihr wollt immer eine Gesellschaft, in der Geld keine Rolle spielt. Das kann man leider nicht machen. Es ist eine Conditio humana, dass wir in begrenzten Ressourcen leben. Du brauchst Geld.
Messner: Derzeit ist die Conditio humana, dass aufgrund der legalen und illegalen Steuerflucht innerhalb eines Jahres 1000 Milliarden Euro verschwunden sind.
Strolz: Damit bin ich wieder einverstanden. Dagegen muss man kämpfen. Steuerflucht gehört massiv bekämpft. Von wegen neoliberal – wir sind für eine Finanztransaktionssteuer.
Dafür ist inzwischen selbst die Regierung.
Messner: Aber ihr seid gegen die Börsenumsatzsteuer.
Strolz: Wir wollen Derivathandel über transparente Börsen abwickeln.
Messner: Wir wollen ihn verbieten.
Das klang jetzt am Ende regelrecht zornig. In einem Satz, abschließend: Wofür steht der jeweils andere?
Strolz: Ich werde es nicht nett sagen, fang du an.
Messner: Wenn du mir erlaubst, dass ich noch etwas draufsetze?
Strolz: Du bist ein aufrichtiger Idealist, der geschlagen ist von Naivität und nicht in dieser Welt daheim ist.
Messner: Die Neos sind ein Verschnitt aus junger ÖVP und Industriellenvereinigung mit einem dezidiert neoliberalen Wirtschaftsprogramm. Unakzeptabel. Mit manchen liberalen gesellschaftspolitischen Ansichten kann ich mich hingegen anfreunden, etwa Minderheitenrechten.
Herr Messner, das war jetzt geradezu freundlich.
Messner: Hätten wir uns schlagen sollen?
Ihre liebste Todsünde?
Strolz: Eh der Zorn.
Messner: Schwierig. Ja: Zorn!
6 FRAGEN UND 3 BÜCHER
1. Ihre schlechteste Eigenschaft?
Messner: Kompliziert denken
Strolz: Ungeduld
2. Ihre beste Eigenschaft?
Messner: Kompliziert denken
Strolz: Großzügigkeit
3. Wo ist Wien am schönsten?
Strolz: Am Himmel in Döbling
Messner: Albertinaplatz
4. am hässlichsten?
Strolz: Avedikstraße
Messner: Schillerplatz. Wo das Weinheberdenkmal steht
5. Sie treten vor die Tür Ihrer Wohnung frühmorgens – was wollen Sie als erstes ändern?
Strolz: In der Früh habe ich keinen Veränderungsdrang
Messner: In Klagenfurt? Die öffentlichen Verkehrsmittel, die praktisch nicht vorhanden sind
Welche drei Bücher soll man gelesen haben?
Strolz: Tiziano Terzani, „Noch eine Runde auf dem Karussell“
Von meinem Ururgroßvater: Franz Michael Felder, „Aus meinem Leben“
Erich Fromm, „Die Kunst des Liebens“
Messner:
Eric Hobsbawm, „das Zeitalter der Extreme“
Das brachte mich auf den Weg zur KPÖ: Joseph Hindels, „Warum ich Sozialist bin“
Roberto Saviano, „Gomorrha“
Zorn (lat. ira), lt. Duden „heftiger, leidenschaftlicher Unwille über etwas, was jemand als Unrecht empfindet oder was seinen Wünschen zuwiderläuft“
Matthias Strolz‘ Neos: eine junge Partei mit einer alten Geschichte
Auch wenn die Neos laut Selbstbeschreibung das „neue Österreich“ repräsentieren wollen – ihre ideengeschichtliche Entwicklung reicht doch weit in die Vergangenheit zurück. Genaugenommen bis in die 1860er-Jahre. Damals, es war die Ära des weltweit expandierenden Freihandels, entstand die Ideologie des Liberalismus. Diese betont in jeder Hinsicht die Freiheit des Menschen gegenüber dem Staat. Gesellschaftlich gesehen sollen umfassende Minderheitenrechte sicherstellen, dass alle Menschen gleiche Chancen bekommen. In wirtschaftlicher Hinsicht soll der Staat zugleich möglichst wenig in den freien Markt eingreifen.
Im stark etatistisch geprägten Österreich hatten die Liberalen jedoch stets einen schweren Stand. Das zeigte sich, als Anfang des 20. Jahrhunderts die großen Parteien entstanden. Aus Sozialisten, Christlichsozialen und Deutschnationalen gingen später mit etlichen Abwegen und Unterbrechungen – SPÖ, ÖVP und FPÖ hervor. Die Liberalen jedoch waren keine eigene Kraft, sondern stets ein Anhängsel. Man fand und findet sie vor allem unter den Erben der Christlichsozialen und Deutschnationalen.
Innerhalb der letzteren Bewegung führte die Konstellation zu einem ständigen Gerangel zwischen einem eher liberalen und einem eher nationalen Flügel. Dieser Konflikt zeigte sich zuletzt im Jahr 1993, als Heide Schmidt und andere Abgeordnete die Haider-FPÖ verließen. Dem liberalen Parteiflügel war Jörg Haiders Politik zu rechtspopulistisch geworden. Schmidt wollte mit dem Liberalen Forum (LIF) eine eigene liberale Kraft im heimischen Parlament etablieren. Doch der Partei misslang 1999 der Wiedereinzug in den Nationalrat. Heute bilden die verbliebenen Reste des LIF mit den Neos ein Wahlbündnis.
Neos-Chef Matthias Strolz war früher parlamentarischer Mitarbeiter bei der ÖVP und beschreibt seine Neugründung Neos als „erneuerte, kraftvolle ÖVP“, wie er kürzlich sagte. Die Neos werben vor allem mit einer Reform von Österreichs Bildungssystem. Darüber hinaus geben sie sich weniger prononciert marktliberal als etwa das alte LIF oder eine andere liberale Kleinpartei, die Jungen Liberalen (JuLis). So etwa fordern die Neos im Gegensatz zu den JuLis keine Flat Tax, eine häufige Forderung heimischer Wirtschaftsliberaler. Strolz weiß, dass die Wählerschaft solche Ideen nur in geringen Dosen goutiert.
Bei der Nationalratswahl könnte Matthias Strolz trotz solcher Kompromisse den Weg vieler österreichischer Liberaler gehen. Einer Umfrage zufolge werden es die Neos mit rund drei Prozent nicht über die 4-Prozent-Marke schaffen.
Matthias Strolz, 40, stammt aus Bludenz und studierte Wirtschafts-und Politikwissenschaft in Innsbruck. Bevor er im Oktober 2012 zum Chef der Neos gewählt wurde, gründete er zwei Firmen
Mirko Messners KPÖ: Hoffnung auf ein Revival in der europäischen Krise
Im Jahr 1947 waren sie zum letzten Mal an einer Regierung beteiligt, im Jahr 1971 sahen sie zum letzten Mal das Parlament von innen. Seitdem dümpeln sie bei jeder Nationalratswahl bei rund einem Prozent herum. Österreichs Kommunisten haben wahrlich schon bessere Zeiten gesehen. Wobei: So richtig gut waren sie eigentlich nie.
Gegründet am 3. November 1918, im Gefolge von Oktoberrevolution und Lenins Machtergreifung im Jahr zuvor in Sankt Petersburg, bekam der Kommunismus österreichischen Zuschnitts nie richtig den Fuß auf den Boden. Einzig in der Besatzungszeit stellte die KPÖ Parlamentsabgeordnete und Minister. Die Sowjets protegierten die Partei damals als ihren verlängerten Arm in Österreich. Während der Nachkriegszeit hatte die Kommunistische Partei rund 150.000 Mitglieder; heute sind es 2500.
Auf die Unterzeichnung des Staatsvertrags 1955 folgte eine Ära des langen Niedergangs. Anfang der 1990er-Jahre, nach der Wende in Osteuropa, nahm sie schließlich existenzgefährdende Ausmaße an. Damals verlor die KPÖ nicht nur die finanzielle Unterstützung aus dem Osten, was einen umstrittenen innerparteilichen Sparkurs zur Folge hatte. Auch an klaren ideologischen Vorgaben mangelte es plötzlich. Unter Langzeit-Parteichef Walter Baier, der die KPÖ von 1994 bis 2006 führte, kam es deshalb zu erbitterten Flügelkämpfen.
In Form von Parteiabspaltungen, Klagsdrohungen und sogar Tortenattacken auf Funktionäre stritt man um eine Frage: Soll die KPÖ bei ihrer orthodoxen marxistischleninistischen Ausrichtung bleiben oder sich eher in eine moderne Linkspartei verwandeln, die ihren Fokus auf Themen wie Globalisierungskritik, Feminismus und den Kampf gegen Rechtsextremismus richtet? Durchgesetzt hat sich letztlich eher die zweite Option.
Heute hofft die Partei auf ihre Auferstehung aus dem Geist des Protests gegen die europäische Wirtschaftskrise. Die meisten Wähler seien weniger überzeugte Kommunisten als vielmehr Wechselwähler, wie Bundesvorstandsmitglied Florian Birngruber erklärt. Bei der letzten Nationalratswahl 2008 errang die KPÖ 0,8 Prozent.
Einzig im Grazer Gemeinderat schaffen es die Kommunisten regelmäßig auf bis zu 20 Prozent. Beobachter schreiben dies allerdings weniger dem Parteiprogramm als vielmehr einem charismatischen Führungsteam um Ernest Kaltenegger und dessen Nachfolgerin Elke Kahr zu. Im Grazer Stadtteil Gries landete die KPÖ vergangenes Jahr sogar auf Platz zwei, läppische vier Stimmen hinter dem Wahlsieger ÖVP.
Mirko Messner, 64, Kärntner Slowene, ist seit 2006 KPÖ-Bundessprecher. Sein Vater ist der Schriftsteller Janko Messner, seine Mutter war jugoslawische Partisanin. Messner studierte Slawistik in Wien