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Die dreisten Drei

Aus dem profil 25/2019 vom 16.6.2019

Nach dem Ibiza-Skandal ermitteln die Korruptionsstaatsanwälte. Im Fokus steht das FPÖ-Trio Heinz-Christian Strache, Johann Gudenus und Markus Tschank. Ein profil-Überblick zu Verdachtsmomenten und Ermittlungsstand.

Von
Joseph Gepp und Jakob Winter

Für ausreichend Gesprächsstoff war gesorgt, als am vergangenen Donnerstag der alte und neue FPÖ-Chef zusammentrafen – Heinz-Christian Strache und Norbert Hofer. Eigentlich wollten die beiden bei ihrem diskreten Plausch an einem geheimen Ort über die alles beherrschende Frage diskutieren: Wird Ex-Vizekanzler Strache trotz Ibiza-Skandals sein EU-Parlamentsmandat annehmen? Dann platzte ein profil-Onlinebericht in die Unterredung. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft bestätigte, dass nach dem Ibiza-Video auch Ermittlungen gegen Strache eingeleitet wurden.

Die juristische Aufarbeitung kam für Hofer genau zur rechten Zeit. Er will Straches Polit-Comeback aus Sorge um das Image der Partei verhindern. Mit der am Freitag bekannt gegebenen Kandidatur von Straches Ehefrau Philippa für ein Nationalratsmandat hat Hofer der Familie zudem eine existenziell komfortable Lösung für Straches Verzicht auf Brüssel gezimmert.

Die FPÖ geht gerade voll in den Wahlkampfmodus – lieber als über Straches Affäre würden die Blauen etwa über ein „schwarzes Netzwerk“ im Innen-und Justizministerium sprechen. Dazu lud Ex-Innenminister Herbert Kickl am Freitag zu einer Pressekonferenz: Angeblich werde gegen Spitzenbeamte des Innenministeriums wegen Amtsmissbrauchs ermittelt, Bestätigungen stehen aus.

So schnell wird die FPÖ den Schatten ihres Ex-Chefs allerdings nicht los. Die Ermittlungen der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwalt in Wien (WKSta) bergen einiges an Brisanz: Unter der Aktenzahl 17 St 2/19p nimmt die Justiz ein blaues Trio ins Visier. Neben Strache werden auch der blaue Ex-Klubobmann Johann Gudenus und FPÖ-Nationalrat Markus Tschank als Verdächtige geführt; dazu mögliche Täter in den Reihen von Unternehmen, von denen Strache im Ibiza-Video behauptete, sie hätten gespendet. Strache hat bekanntlich angedeutet, dass über „gemeinnützige Vereine“ mutmaßlich illegale Parteispenden an die FPÖ fließen würden.

profil kennt die zentralen Verdachtsmomente und den Ermittlungsstand – ein Überblick über die Akteure in einem Verfahren mit Sprengkraft. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Heinz-Christian Strache

Die Ermittlungen, die jetzt bekannt wurden, laufen bereits seit 20. Mai. Die Staatsanwälte sind also rasch auf den Plan getreten – nur drei Tage zuvor, am 17. Mai, war das Ibiza-Video bekannt geworden. Der genaue Vorwurf gegen Strache und Co.: Untreue, Anstiftung zur Untreue und Vorteilsannahme zur Beeinflussung. Letztgenanntes Delikt betrifft Amtsträger, die sich in ihren Amtsgeschäften beeinflussen lassen und im Gegenzug Vorteile lukrieren oder sich solche versprechen lassen. Strafrahmen: bis zu fünf Jahre Haft.

Und was sagt Strache dazu?“Ich bitte um Verständnis, dass ich mich zu laufenden Strafverfahren nicht äußern kann“, erklärt Anwalt Johann Pauer. Dafür hat der Ex-Politiker selbst bereits Tage nach Bekanntwerden des Videos Stellung bezogen – unter seiner Obmannschaft habe es „keinerlei solcher Zuwendungen, weder an die FPÖ noch an solche der FPÖ nahstehende Vereine, gegeben“, so Strache. Die Ausführungen im Video seien „Ausdruck schlichter Prahlerei“ gewesen.

Falls Strache doch sein EU-Mandat annimmt, wäre er durch seine parlamentarische Immunität vor Ermittlungen geschützt -zumindest so lange, bis sie auf Antrag der Wiener Justiz wieder aufgehoben wird. Dergleichen ist in der Vergangenheit immer wieder geschehen.

Johann Gudenus

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft führt im selben Verfahren auch den engsten Strache-Vertrauten als Verdächtigen: Gudenus. Im Vergleich zum Bis-vor- Kurzem-Parteichef Strache hat Gudenus einen Schlussstrich gezogen. Am Tag, nachdem das Ibiza-Video bekannt geworden war, legte der geschäftsführende Klubobmann sämtliche Funktionen in der FPÖ zurück. Und trat tags darauf aus der Partei aus.

Die Vorwürfe: die gleichen wie bei Strache. Wie profil berichtete, soll Gudenus einen Wiener Manager ersucht haben, an einen FPÖ-nahen Verein zu spenden. Damit könnte das Delikt der Anstiftung zur Untreue erfüllt sein. Auf eine Anfrage von profil reagierte Gudenus nicht.

Markus Tschank

Im Trio der FPÖ-Verdächtigen ist Nationalrat Markus Tschank zwar der Unbekannteste -er spielt dennoch eine Schlüsselrolle. Tschank, im Zivilberuf Rechtsanwalt, gilt als zentrale Figur eines Vereinsnetzwerks im Umfeld der FPÖ. Über diese Vereine, in denen er verschiedene Vorstandsfunktionen bekleidet, könnten Parteispenden an die FPÖ geflossen sein. Dies recherierte profil in den vergangenen Wochen. Nach Bekanntwerden des Videos tauchten insgesamt fünf Vereine auf. Drei von ihnen sammelten in den vergangenen Jahren in Summe mehr als 600.000 Euro an Spenden.

Tschank wehrt sich seit Wochen gegen Verdächtigungen möglicher verbotener Parteienfinanzierung. Es seien weder direkt noch indirekt Gelder von den Vereinen zur FPÖ geflossen. Das würden auch die Berichte unabhängiger Wirtschaftsprüfer bestätigen. Allerdings ist immer noch unklar, wer überhaupt Geld an die Vereine gespendet hat. Das könnten die Ermittler nun mit Kontoöffnungen klären.

Am vergangenen Donnerstag wurde Tschanks Immunität vom Nationalrat aufgehoben, damit können die Staatsanwälte nun auch gegen ihn ermitteln. Tschank wird in gleich zwei Verfahren als Verdächtiger geführt, eines davon ist auch jenes gegen Strache und Gudenus. Der Vorwurf der Justiz lautet in beiden Fällen: Beitrag zur Untreue. Heißt: Die Manager von Unternehmen, die angeblich an FPÖ-nahe Vereine spendeten, könnten Gelder ihres Unternehmens veruntreut haben, Tschank habe sie dazu angestiftet. Weil die Tat „einen 300.000 Euro übersteigenden Schaden“ verursacht haben soll, liegt der Strafrahmen bei bis zu zehn Jahren Haft.

Im zweiten Verfahren spielt Tschank nur eine Nebenrolle. Es dreht sich um einen Wiener Manager, dem Untreue vorgeworfen wird. Im Zuge dieser Ermitlungen tauchte bereits im Jahr 2018 ein Spenden-Bittbrief des FPÖ-Mandatars Tschank an den Manager auf; der Brief liegt profil vor. Daraufhin dürfte beim Verein tatsächlich eine Spende eingegangen sein.

Glock, Signa, Novomatic

Neben dem FPÖ-Trio wird auch gegen Vertreter jener Unternehmen ermittelt, die Strache im Ibiza-Video als angebliche Parteispender nannte. Demnach sind neben Tschank „unbekannte Täter“ verdächtig, konkret „Verantwortliche der Signa Holding, der Novomatic AG und der Glock GmbH“. Es geht also um René Benkos Immobilienkonzern, das große heimische Glücksspielunternehmen und den Pistolenhersteller.

Auch hier steht der Verdacht der Untreue im Raum: Unbekannte Manager aus den Reihen dieser Unternehmen könnten Firmengeld veruntreut haben, wenn sie tatsächlich an die FPÖ (oder parteinahe Vereine) gespendet hätten. Die unbekannten Manager hätten somit „ihre Befugnis über das Vermögen der von ihnen vertretenen Unternehmen ( ) wissentlich missbraucht und dadurch die Unternehmen geschädigt“, so der Verdacht der WKStA.

Von Glock, Novomatic und Signa heißt es, man wisse nichts von Ermittlungen und sei auch nicht von Behörden diesbezüglich kontaktiert worden. Zudem haben die Unternehmen in den vergangenen Wochen immer wieder darauf hingewiesen, dass sie weder direkt noch indirekt an die FPÖ gespendet hätten.

Obwohl Strache die Aussagen inzwischen dementiert hat: Die Nennung der Unternehmen könnte für ihn ein unangenehmes Nachspiel haben. Im „Standard“ erklärten Signa und Novomatic, man prüfe derzeit rechtliche Schritte gegen den Ex-FPÖ-Chef. Einzig der Waffenkonzern Glock lässt es dabei bewenden. „Aufgrund des (mehrfachen) öffentlichen Widerrufs von Heinz-Christian Strache werden bis auf Weiteres keine rechtlichen Schritte eingeleitet.“ Es ist derzeit die einzige gute Nachricht für Strache.

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