Aus dem FALTER 21/2013
Interview: Joseph Gepp
Sie wurde noch zu Karl Marx’ Lebzeiten gegründet – und steht jetzt vor dem Aus. Die Sozialistische Internationale (SI) in London wird von ihren Mitgliedsparteien massiv kritisiert; ein neuer Verband, die „Progressive Allianz“, ist geplant. Karl Duffek, Chef des Karl-Renner-Instituts der SPÖ, gibt Auskunft.
Herr Duffek, was ist da los in London?
Es begann im Arabischen Frühling, auf den die SI erst viel zu spät mit dem Ausschluss der vormaligen Staatsparteien Tunesiens und Ägyptens reagiert hat. Seitdem reißt die Kritik an der Mitgliederpolitik der SI nicht ab, etwa im Fall der Elfenbeinküste.
SPD-Chef Sigmar Gabriel wirft dem Generalsekretär der SI, einem Chilenen, sogar Korruption vor.
Das kann ich nicht nachvollziehen. Das Klima ist sehr aufgeheizt derzeit, vielen Mitgliedsparteien ist die SI zu langsam und schwerfällig.
Welchen Mitgliedsparteien?
Vor allem jenen in Deutschland, Schweden, den Niederlanden und Norwegen.
Die SPD stellt ihren Mitgliedsbeitrag von jährlich 100.000 Pfund fast völlig ein. Was macht die SPÖ?
Wir reduzieren ihn von 30.000 Pfund auf 5000, damit bleiben wir auch voll Mitglied der SI.
Warum bleibt die SPÖ bei der SI?
Weil uns das den Kontakt zu vielen sozialdemokratischen Parteien ermöglicht. Gleichzeitig schauen wir uns aber auch die neue Progressive Allianz an. Diese Woche hat sie in Leipzig ihren Gründungskongress. Die beiden Mitgliedschaften müssen einander ja nicht ausschließen.
Was soll – abgesehen von einer neuen Dynamik – der Unterschied sein zwischen SI und Progressiver Allianz?
Die Allianz soll breiter aufgestellt sein. In der SI sind nur solche Parteien vertreten, die tatsächlich „sozialistisch“ oder „sozialdemokratisch“ im Namen haben. Das wird manchmal der Realität nicht mehr gerecht. In die Allianz sollen auch Parteien wie beispielsweise die Demokraten in den USA oder Lulas Partei in Brasilien.