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Freunde des Hauses

Aus dem profil 25/18 vom 18.06.2018

Im Wahlkampf lukrierte ÖVP-Chef Sebastian Kurz Hunderttausende Euro an Spenden von Immobilienunternehmen. Handelt die schwarz-blaue Regierung jetzt auf deren Zuruf? Zwei neue Gesetze fallen jedenfalls für die Immo-Branche äußerst vorteilhaft aus.

Von
Joseph Gepp

Immobilienunternehmen: Steuervermeidung leicht gemacht

Wer in der Immobilienbranche tätig ist, braucht sich derzeit nicht über mangelndes Geschäft zu beklagen. Österreichs Hauspreise, vor allem in Städten, liegen hoch wie nie. In Wien werden massenhaft Zinshäuser gekauft, saniert und teurer weiterverkauft. Ein lukratives Geschäft – die Preise haben sich im letzten Jahrzehnt fast verdoppelt.

Nun darf sich die Branche auch noch über die gesetzliche Verankerung einer steuerlichen Begünstigung freuen. Am vergangenen Mittwoch beschlossen die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ eine Neuerung bei der sogenannten Grunderwerbssteuer. Derzeit bezahlt man 0,5 Prozent des Grundstückswertes, wenn man Firmen erwirbt, die Immobilien besitzen.

In der Gesetzesänderung geht es darum, inwieweit diese Grunderwerbssteuer auch bei verschachtelten Firmenkonstruktionen fällig ist. Kritiker warnen: Die Maßnahme aus dem Haus von ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger ermöglicht es Immobilienunternehmen, mithilfe einfacher Tricks ihre Steuer massiv zu reduzieren. „Das spottet jedem normalen Verständnis von Steuergerechtigkeit“, kritisiert SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer. Immerhin kommen Großunternehmen schon heute in vielen Bereichen steuerlich weit günstiger davon als Arbeitnehmer.

profil liegt nun ein Dokument vor, das zusätzliche Fragen aufwirft. Es zeigt: Noch vor wenigen Monaten verfolgte man im Finanzministerium eine völlig andere Linie. Im Sommer 2017 – unter Lögers Vorgänger Hans Jörg Schelling – wurde im Ministerium ein fünfseitiger, detaillierter Vorschlag aufgesetzt. Man verschickte ihn an Experten innerhalb und außerhalb des Hauses. Fazit der langen Ausführungen: Bei Immobilienkäufen mithilfe verschachtelter Firmenkonstruktionen sei „der Tatbestand der Grunderwerbssteuerpflicht erfüllt“. Demnach war das genaue Gegenteil dessen geplant, was später seinen Weg ins Gesetz fand. Bald danach – es war Dezember 2017, immer noch unter Schelling – verschickte das Ministerium einen neuen Entwurf der geplanten Änderungen. Und: Der Passus über die Firmenkonstruktionen fehlt. Diese entschärfte Version übernahm schließlich Löger von seinem Vorgänger.

Konkret geht es um die Frage: Was geschieht, wenn jemand eine Firma erwirbt, die wiederum eine Firma besitzt, der eine Immobilie gehört? Ist dann auch Steuer fällig? Bisher gab es im Steuerrecht darauf keine klare Antwort. Die Beamten wollten festschreiben, dass Steuerpflicht besteht -bis zur Kehrtwende.

Die Folge: „Sie müssen als Immobilienunternehmen lediglich zwei leere Gesellschaften gründen, eine Mutter-und eine Tochterfirma“, erklärt Christoph Urtz, Steuerrechtler an der Universität Salzburg. Dies sei weder besonders kompliziert noch teuer. Steht nun ein Immobilienkauf an, erwirbt zunächst die Tochterfirma das Objekt. Dieser Kauf löst zwar noch Grunderwerbsteuer aus -aber alle späteren Weiterverkäufe bleiben steuerfrei. Wie? Indem man nicht nur die Tochter samt Immobilie veräußert, sondern die Mutter samt Tochter samt Immobilie.

Aus dem Ministerium heißt es auf profil-Anfrage, Schwenks wie bei der Grunderwerbssteuer seien nicht unüblich. Bei der Begutachtung von Gesetzen komme es „regelmäßig zu einzelnen Abänderungen und auch Streichungen“, sagt Ministeriumssprecher Johannes Pasquali. Im konkreten Fall habe man den ersten Entwurf des Gesetzes an Steuerexperten ausgeschickt, um „mögliche Herausforderungen im Vollzug gleich vorweg transparent zu machen“. Weil die Reaktionen aber „großteils sehr kritisch“ ausgefallen seien, habe das Ministerium seine „vorläufige Rechtsmeinung“ wieder geändert. Pasquali spricht von der Gefahr „mehrfacher Grunderwerbssteuerbelastung“ und anderen praktischen Problemen, die entstanden wären, hätte man bei verschachtelten Firmenkonstrukten die Steuerpflicht festgeschrieben. Experte Urtz meint dazu: „Inwieweit solche Nachteile tatsächlich auftreten, hängt stark von der praktischen Ausgestaltung der Steuer ab.“ Jedenfalls dürfte mit der Änderung die Tür zur Steuervermeidung im Immobiliengeschäft weit offenstehen.

Kanzler Kurz – zu nah dran an der Immobilienbranche?

Geldwäsche-Regeln: Immobilienmakler ausgenommen

Man stelle sich vor, ein russischer Oligarch kauft eine Villa in Kitzbühel – mit Geld aus kriminellen Quellen. Wenn er irgendwann wieder verkauft, ist die Herkunft seines Geldes ein Stück plausibler geworden. Immerhin hat er soeben eine teure Villa abgestoßen. Schmutziges Geld wird sauber. So läuft im Prinzip Geldwäsche.

Seit Jahren führt die EU einen Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Die Politiker sind aufgerüttelt von den rätselhaften Finanzströmen hinter einigen Terroranschlägen und von Affären à la Panama Papers im Jahr 2016. Vier Geldwäsche-Richtlinien wurden bisher in Brüssel verabschiedet. Beispielsweise müssen heute Banker und Juweliere die Identität und etwaige politische Funktionen ihrer Kunden genau kennen. Momentan wird die vierte EU-Geldwäscherichtlinie in österreichisches Recht umgesetzt. Eine Regel darin sieht vor, dass sich manche Berufsgruppen – etwa Unternehmensberater, Versicherungsvermittler und Autohändler – mit sogenannten Risikoanalysen besser gegen Geldwäsche wappnen müssen. Mitarbeiter müssen zum Beispiel Schulungen absolvieren; im Betrieb müssen Abläufe definiert sein, was bei Geldwäscheverdacht zu tun ist. Für die Unternehmen bedeutet das zusätzliche Kosten und Aufwand. Verantwortlich für die Umsetzung der EU-Richtlinie in Österreich ist ÖVP-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck.

Nun jedoch plant Schramböck in der sogenannten „Risikobewertungsausnahmeverordnung“, die zurzeit in Arbeit ist, eine wichtige Berufsgruppe von den neuen Pflichten auszunehmen: die Immobilienmakler. Dabei sind diese nicht nur ausdrücklich in der EU-Richtlinie vorgesehen -die Immo-Branche gilt noch dazu als extrem anfällig für Geldwäsche.

Sie sei ein „Hochrisikosektor“, heißt es etwa in einer deutschen Studie vom Vorjahr. Geschätzt zehn Prozent der Geldwäsche finde im Immobiliensektor statt, so Experten der Universität Halle, der Wirtschaftsprüfungsagentur Deloitte und des deutschen Bundeskriminalamts. Was Österreich betrifft, finden derzeit laut dem Maklerunternehmen Remax so viele Immobiliengeschäfte pro Jahr statt wie noch nie zuvor -was die Gefahr der Geldwäsche zusätzlich vergrößert. Entsprechend scharf fällt die Kritik an der Ausnahme aus, welche die Regierung für die Makler vorsieht. In einer Stellungnahme der Rechtsanwaltskammer vom 8. Juni heißt es, die Ausnahme sei „sachlich nicht zu rechtfertigen“. Immobilienmaklern komme „eine zentrale Rolle bei der Verhinderung von Geldwäsche zu“. Die Kammer warnt auch vor einem möglichen Konflikt zwischen Österreich und der EU. Immerhin zählen die Makler „nach der 4. Geldwäsche-Richtlinie ausdrücklich zu den Verpflichteten“. Darf Österreich die EU-Vorgabe einfach ignorieren? Die Frage ist rechtlich umstritten, weil die Richtlinie einzelnen Regierungen Spielräume zugesteht. Aber: Falls die Brüsseler EU-Kommission in Österreich eine mangelhafte Umsetzung ortet, könnte die Causa in ein Vertragsverletzungsverfahren münden.

Was sagt Schramböcks Wirtschaftsministerium zu all dem? In einer schriftlichen Stellungnahme an profil heißt es zunächst, dass Immobilienmakler bereits anderen gesetzlichen Sorgfaltspflichten in Sachen Geldwäsche unterworfen seien – unabhängig von den sogenannten Risikoanalysen. Dass diese für die Makler nicht notwendig seien, liege unter anderem daran, dass diese Berufsgruppe in Sachen Geldwäsche keine weitere Bewusstseinsbildung brauche. „Im Bereich der Immobilienmakler ist durchaus das Bewusstsein entwickelt, dass der Immobiliensektor einem Geldwäsche-Risiko ausgesetzt ist“, so die Stellungnahme.

Allerdings: Das heimische Bundeskriminalamt veröffentlicht jedes Jahr eine Statistik, welche Berufsgruppen wie oft einen Geldwäscheverdacht an die Polizei melden. Und: Die Immobilienmakler liegen an letzter Stelle. Im Jahr 2016 etwa gab es keine einzige Meldung aus ihren Reihen. Das spricht nicht gerade für überbordendes Risikobewusstsein. Ein Insider, der den Gesetzgebungsprozess mitverfolgt hat, führt deshalb einen anderen Grund für die Ausnahme ins Treffen. „Es war glattes Lobbying aus der Branche“, sagt er. Das Wirtschaftsministerium hält in der Stellungnahme dagegen. „Der Vorschlag geht nicht auf eine Intervention von Branchenvertretern zurück.“

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Preis? Auf Anfrage!

Aus profil 10/2017

Zum Beispiel Hockegasse, Wien-Währing. Vier Grundstücke dort wurden im Jahr 2012 von der Gemeinde Wien an das Immobilienunternehmen At Home verkauft. Preis: knapp fünf Millionen Euro. Zu billig, monieren Kritiker seit Jahren. „Für diese Fläche hätte die Gemeinde locker das Doppelte bekommen können“, sagte Alexander Neuhuber von der oppositionellen ÖVP Wien bereits 2013.

Dies bestätigt nun auch der Rechnungshof. In einem aktuellen Bericht nimmt er sich Liegenschaftsverkäufe der Stadt Wien vor. Abgewickelt werden sie von der MA 69, die SPÖ-Wohnbaustadtrat Michael Ludwig untersteht. Fazit der Prüfer: „Die Stadt schöpft ihr Einnahmepotenzial nicht aus.“ Einzelne Immobilien würden gar um 45 Prozent unter dem Verkehrswert verkauft.

Dahinter steckt auch eine Methode, die das Rathaus oft bei Grundstücksverkäufen anwendet – und die der Rechnungshof kritisiert. Zum Einsatz kommt kein Bieterverfahren, in dem öffentlich über den Verkauf informiert wird. Stattdessen ermittelt ein Gutachter still und leise einen Preis. Im Fall Hockegasse etwa schrieb die At Home 2011 an die MA 69, sie sei an den Gründen interessiert. Danach ließ die MA per Gutachter den Verkaufspreis eruieren – und verkaufte.

Das Verfahren sei ungeeignet, „den bestmöglichen Verkaufspreis zu erzielen“, so der Rechnungshof. Zudem habe die MA 69 gegenüber dem Rechnungshof nicht näher ausgeführt, inwiefern der Verkaufspreis „nachvollziehbar“ sei.

Im Büro von Ludwig rechtfertigt man die Praxis damit, dass „es bei Liegenschaftsverkäufen der Gemeinde nicht nur um Profitmaximierung, sondern auch um übergeordnete Ziele geht“, so Sprecher Christian Kaufmann. Beispiel Hockegasse: Zusätzlich zu den Wohnungen sei dort aufgrund der Notwendigkeit sozialer Infrastruktur auch ein Kindergarten errichtet worden.

Für eine unschöne Optik sorgt aber auch eine politische Komponente: Die Immobilienfirma At Home gehört zu mehr als der Hälfte der Gewerkschaft Bau-Holz. Deren Vorsitzender ist SPÖ-Nationalratsabgeordneter Josef Muchitsch – ein Parteifreund des SPÖ-Stadtrats Michael Ludwig.

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Über Stock oder Stein

Aus dem profil 18/2016

Aktien? Gefährlich, weil zickig. Immobilien? Solide – und doch ertragreich. So weit, so Klischee. Doch ein Blick auf internationale Indizes legt einen überraschenden Schluss nahe: Wer vor 20 Jahren Aktien kaufte, fuhr damit besser als mit Immobilien. Trotz Finanzkrise. Aber wie ist das möglich? Eine Geschichte über die Unberechenbarkeit der Geldanlage.

Von Joseph Gepp und Christina Hiptmayr

Stellen Sie sich vor, liebe Leserinnen und Leser, Sie wären vor 20 Jahren vor der Wahl gestanden, sich zwischen der Investition in Aktien oder Immobilien zu entscheiden. Wie hätten Sie gehandelt? Womit, denken Sie, wären Sie heute reicher?

Klare Sache, werden Sie wohl antworten. Dass die Immobilienpreise seit Langem steigen, gilt als unumstößliche Tatsache. Vor allem in den westlichen Metropolen; besonders seit Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007. Wer etwa vor 20 Jahren eine Wohnung in Wien erworben hat, kann heute mit etwas Glück ein Vielfaches ihres damaligen Wertes realisieren. Allerorten wird beklagt, dass sich Normalverdiener heutzutage kaum noch ein Eigenheim leisten können. Und hohe Mieten sind ebenfalls ein Dauerthema. Es scheint also eindeutig: Wer sich für Immobilien entschied, hat die Nase vorn. Oder?

Diesem Befund widerspricht jedoch eine simple Chartanalyse. Betrachtet man verschiedene Indizes aus dem In- und Ausland, welche die Wertentwicklung von Aktien und Immobilien messen, zeigen diese meist genau das Gegenteil: Mit Aktien wäre man deutlich besser gefahren. Was stimmt denn nun?

Diese Frage ist auch angesichts des niedrigen Zinsumfeldes interessant. Vorbei sind die Zeiten, in denen Anleger mit Sparbuch oder Bausparvertrag noch eine gute Verzinsung bekamen. Seit die EZB die Leitzinsen auf null gesetzt hat, sind Spareinlagen faktisch ein Verlustgeschäft. Auch Anleihen werfen kaum Renditen ab. Wer Geld auf der Seite hat und dieses gewinnträchtig anlegen will, muss heute ins Risiko gehen und beispielsweise Unternehmensanteile erwerben. Wer das nicht möchte, vertraut gern auf Immobilien. Sie gelten als sicherer Hafen. Auch in schwierigen Zeiten.

Wie sind also die Angaben in den Indizes einzuordnen? Wer zählt zu den Gewinnern der Zeitläufte? Sind es entgegen der allgemeinen Meinung eher die Aktionäre als die Immobilienbesitzer?

Ein Blick in die USA: Dort misst der sogenannte Case-Shiller-Index die Preisentwicklung von Immobilien, während der S&P500 die Aktienkursentwicklung der 500 wichtigsten börsennotierten US-Unternehmen anzeigt. Im Vergleich gewinnt der S&P500 gegenüber dem Case-Shiller überlegen. Und zwar egal, welchen Zeitraum man betrachtet: die vergangenen fünf, zehn, 15, 20 oder 25 Jahre. Laufende Erträge aus Mieten oder Dividendenzahlungen sind in beiden Indizes nicht direkt berücksichtigt, sie spiegeln sich aber in der Wertentwicklung der Anlage wider.

Ein ähnliches Bild in Österreich: Der wichtigste heimische Börsenindex ATX („Austrian Traded Index“) hat sich seit dem Jahr 2000 knapp verdoppelt. Im Vergleich dazu hat sich die durchschnittliche Wohnimmobilie in Österreich laut dem Immobilienpreisindex der Nationalbank im selben Zeitraum, nicht inflationsbereinigt, um 68 Prozent verteuert. Das ist zwar auch recht viel, aber der ATX schneidet deutlich besser ab.

Das führt so ziemlich alle Gewissheiten, die wir in den vergangenen Jahren zu haben glaubten, ad absurdum: dass die Immobilienpreise explodieren, zum Beispiel. Und dass die Unternehmen in der Wirtschaftskrise straucheln.

Doch bei den unterschiedlichen Indizes kommt es darauf an, wie sie berechnet werden und was in die Betrachtung miteinbezogen wird. Ein Index kann die verblüffende Eigenschaft haben, die Wirklichkeit der meisten Menschen nicht abzubilden, ohne faktisch falsch zu sein.

Etwa der Case-Shiller-Index, der als führender Immobilienindex der USA gilt. Die Ökonomen Robert Shiller, Karl Case und Allan Weiss erdachten ihn in den 1980er-Jahren. Heute sammelt die Ratingagentur Standard & Poor’s allmonatlich US-Häuserpreise. Dabei wird die sogenannte Repeat-Sales-Methode angewandt: Verglichen wird, zu welchem Preis ein und dieselbe Immobilie im Lauf der Zeit weiterverkauft wird. Neubauten fallen bei dieser Methode naturgemäß aus dem Raster, weil es noch keinen Wiederverkaufspreis gibt. Außerdem erfasst der Index lediglich Einfamilienhäuser, nicht aber Wohnungen. Resultat all dessen: Viele hochpreisige Immobilien mit großen Wertzuwächsen sind im Case-Shiller-Index gar nicht enthalten. Dies erklärt bereits ein Stück weit, warum der Immobilienindex dem Aktienindex hinterherhinkt. Die luxuriösen Lofts von Manhattan beispielsweise sind in ihm nicht enthalten – dafür jedoch unzählige Einfamilienhäuser rund um Metropolen wie Detroit oder Chicago, deren Werte in der Hypotheken- und Finanzkrise mitunter massiv gelitten haben.

Aktien ...

Aktien …

Diese Krise traf die USA im Jahr 2008 massiv. Shiller war einer der wenigen Ökonomen, die früh vor ihr gewarnt hatten. Bereits 2003 hatte er in seinen Daten eine Blasenbildung erkannt. Aus Sicht vieler Ökonomen ist die Kenntnis über die Entwicklung der Häuserpreise von großer Bedeutung für die ganze Wirtschaft: Steigende Preise deuten einerseits auf eine gut laufende Konjunktur hin, andererseits können sie auch von Gefahren künden: Möglicherweise werden andere Anlageformen zu riskant und werfen zu wenig Gewinn ab, weshalb viele ihr Geld in Immobilien stecken. Dann steigen die Preise rapide, eine Blase bildet sich. Platzt sie, reißt dies Privatpersonen und Unternehmen in die Zahlungsunfähigkeit. Die ganze Wirtschaft leidet. Solche Tendenzen hofften Shiller, Case und Weiss frühzeitig zu erkennen.

Als die US-Immobilienblase 2008 platzte, sanken die Häuserpreise in den USA wie seit einem Jahrhundert nicht mehr. Heute steht der Case-Shiller-Index – vom Wert 100 im Jahr 2000 berechnet – bei 175 Punkten. Das bedeutet, dass die Eigenheimpreise zwar trotz Krise um 75 Prozentpunkte gestiegen sind. Allerdings: Im Jahr 2006, vor Platzen der Blase, lag der Index weit höher, bei knapp 190 Punkten.

Im Gegensatz dazu hat sich der Aktienindex S&P500 von der Krise erholt. Der Kurswert der 500 größten börsennotierten US-Unternehmen (von Apple über Exxon Mobil bis Pfizer) erfreut sich seit einigen Jahren historischer Höchststände. Dies als Folge der wirtschaftlichen Erholung in den USA und der Niedrigzinspolitik der Notenbank Fed. Manche Analysten warnen bereits davor, dass die einstige Immobilienblase von einer Aktienblase abgelöst worden ist.

Und in Österreich? Auch hierzulande gibt es einen Immobilienindex, berechnet von der Nationalbank und der Technischen Universität Wien. Ihm zufolge ist der Preis einer durchschnittlichen heimischen Immobilie seit dem Jahr 2000 um 68,1 Prozent gestiegen. Anders als beim Case-Shiller-Index in den USA wendet man in Österreich die sogenannte hedonische Methode an: Auf Basis von ungefähr 200.000 realen Immobilienkäufen jährlich in Österreich berechnen die Experten der Technischen Universität hypothetische Preise für einzelne Bestandteile von Immobilien: Sie ermitteln beispielsweise, wie viel ein Balkon wert ist, ein Wohnzimmer mit Fernblick oder eine Lage in einem Wiener Bezirk mit hohem Akademikeranteil.

Diese Methode erlaubt mehr Flexibilität als der Repeat-Sales-Ansatz der USA. Wenn beispielsweise ein Haus aufgrund eines Umbaus seinen Wert steigert, wird dies im Index abgebildet. Zudem sind, im Gegensatz zu den USA, auch Wohnungen enthalten.

In Österreich gab es keine Hypothekenkrise wie in die USA. Deshalb ist der Immobilienpreisindex vor allem seit der Krise massiv gestiegen: Vom Basiswert 100 im Jahr 2000 wuchs er auf gerade erst 114 im Jahr 2007 – seither jedoch ist er auf ganze 168 Punkte hochgeschossen. Immobilien verteuern sich massiv, weil jene, die Geld haben, angesichts niedriger Zinsen und schwacher Wirtschaftsentwicklung in Immobilien flüchten. Dennoch: Wer im Jahr 2000 Aktien statt Immobilien erworben hat, steigt insgesamt trotzdem besser aus. Das Börsenengagement der größten börsennotierten Unternehmen Österreichs steckte damals noch in den Kinderschuhen. Der ATX hat sich seither grob verdoppelt, während der Durchschnittswert von Immobilien lediglich um zwei Drittel gewachsen ist. Der Vergleich variiert allerdings stark je nach betrachtetem Zeitraum: Wer beispielsweise im Jahr 2007 in heimische Aktien investiert hat, knapp vor der Wirtschaftskrise, hat rund die Hälfte seines Kapitals verloren – während Immobilienkäufer im selben Zeitraum mit massiven Gewinnen aussteigen.

... oder Immobilien?

… oder Immobilien?

Und im gesamten Euroraum? Dessen Immobilienpreise haben sich – im Gegensatz zu jenen in Österreich – seit Beginn der Krise im Jahr 2008 kaum verändert. Damals standen sie laut EZB bei 101,9 Punkten. Im letzten Quartal des Vorjahres lagen sie sogar leicht darunter, bei 99,3.

Warum? In den europaweiten Immobilienpreisindex fließt alles ein – West- wie Osteuropa, schicke Hauptstädte wie öde Provinzen, Küste wie Binnenland. Insgesamt haben sich Europas Immobilienpreise extrem unterschiedlich entwickelt. Wie die Österreichische Nationalbank recherchiert hat, sanken sie im Jahr 2015 etwa in Griechenland krisenbedingt um bis zu acht Prozent, während sie in Schweden um bis zu 15 Prozent stiegen. Österreich liegt – gemeinsam etwa mit Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien – im europäischen Mittelfeld. Hierzulande sind die Preise im Jahr 2015 zwischen drei und sechs Prozent gestiegen.

Im europaweiten Schnitt stagnieren sie. Wer sich 2007 eine durchschnittliche europäische Immobilie gekauft hat, verfügt heute grob über genauso viel Geld wie damals. Und die Aktien? Hier könnte man zum Vergleich den Eurostoxx50 heranziehen, der den Kurswert der 50 größten börsennotierten Unternehmen der Eurozone abbildet. Sein Allzeithoch erreichte der Eurostoxx50 bereits im Jahr 2000. Es war kurz vor dem Platzen der sogenannten Dotcom-Blase, als sich die Anleger um Aktien von Technologieunternehmen mit scheinbar großer Zukunft rissen. Vom darauffolgenden Platzen der Blase hat sich der Eurostoxx50 bis heute nicht restlos erholt. Noch immer liegt er deutlich unter seinem Höchstwert von 2000, genauso wie unter dem Wert von 2007, dem Jahr vor der Finanzkrise. Fazit: Beim europaweiten Vergleich geht der Punkt eindeutig an die Immobilien.

Was bedeutet all das nun? Lässt sich anhand der Indizes sagen, was stärker an Wert gewonnen hat? Lässt sich sagen, wer profitiert? Lässt sich gar eine Art Anlageempfehlung daraus ableiten, ob man eher Aktien oder Immobilien erwerben soll?

Die Antwort lautet: nein. Es kommt stattdessen darauf an, zu welchem Zeitpunkt man etwas erworben hat – und was genau das war.

Zunächst entspricht das individuelle Aktien-Investment eines Anlegers nicht unbedingt der Wertentwicklung eines Index. Die Aktien, die er sich ausgesucht hat, nehmen möglicherweise einen völlig anderen Verlauf als der Gesamtindex. Zwar können Anlegern auch sogenannte Indexfonds oder ETFs („Exchange Traded Funds“) erwerben. Deren Besonderheit: Sie sind so konstruiert, dass sie die Entwicklung großer Aktienindizes wie Eurostoxx50, S&P500 oder ATX exakt nachbilden. Allerdings: Sie sind eher ein Minderheitenprogramm, das vor allem Experten vorbehalten ist. Die meisten Anleger versuchen stattdessen, ihren Vergleichsindex zu übertreffen. Deshalb greifen sie häufig auf Fonds zurück, die von Investmenthäusern gemanagt werden. Deren Manager versuchen durch kluge Anlageentscheidungen bessere Werte zu erzielen als der Aktienindex. Allerdings: Laut Studien gelingt das meist nicht. Das Finanzunternehmen S&P Dow Jones Indices hat herausgefunden, dass mehr als 90 Prozent der Fondsmanager daran scheitern, ihren Vergleichsindex zu schlagen.

Aktien sind außerdem oft hohen Schwankungen unterworfen. Ihre zukünftige Entwicklung kann seriöserweise niemand vorhersagen, deshalb sind die Kurven der Vergangenheit nur bedingt aussagekräftig. Analysiert man sie trotzdem, muss man stark beachten, zu welchem Zeitpunkt der jeweilige Anleger eingestiegen ist. Dass viele Indizes langfristig zugelegt haben, nutzt all jenen nichts, die etwa im Jahr 2007 eingestiegen sind, kurz vor der Wirtschaftskrise. Diese Anleger haben durchwegs Geld verloren.

Fazit: Zwar haben sich viele Aktienindizes über die Jahre tatsächlich besser entwickelt als Immobilien. Allerdings hat das letztlich rein formale Bedeutung. Wer den falschen Zeitpunkt gewählt hat, konnte vom Aktien-Boom nicht profitieren. Dazu lassen Immobilienindizes mitunter wichtige Faktoren außer Acht, etwa die Wohnungen, die im Case-Shiller-Index nicht berücksichtigt sind. Im Übrigen ist jede Immobilie anders – und in den Immobilienindizes verschwimmen diese Unterschiede oft. In Österreich beispielsweise zeigt sich eine starke Diskrepanz zwischen Wien und den Bundesländern: In der Hauptstadt haben sich die Immobilienpreise seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt, in den restlichen Bundesländern sind sie im gleichen Zeitraum nur um – immer noch beachtliche – 45 Prozent gewachsen.

Stellen Sie sich also vor, liebe Leserinnen und Leser, Sie wären vor 20 Jahren vor der Wahl gestanden: Aktien oder Immobilien? Womit wären Sie heute reicher? Eines steht fest: In einem Wertpapier kann man nicht wohnen. In einem Haus schon.

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Rathaus: Mehr Transparenz bei Immobilien-Deals!

Aus dem FALTER 17/2014

Kommentar: Joseph Gepp

Ob beim Baugrund in Wienerwald-Nähe, beim Altbau im Gründerzeit-Grätzel oder bei der Fläche für den Büroturm auf der Donauplatte – wenn die Gemeinde Wien Immobilien verkauft, klingen die Vorwürfe später oft ähnlich. Ob Stadtrechnungshof oder Opposition, ob Betroffene und Branchenkenner: Alle klagen über intransparente Umstände und niedrige Kaufpreise. Vergangene Woche etwa berichtete der Falter über einen krassen Fall in der Krieau. Hier warnten Rathausmitarbeiter gar intern vor einem „deutlich negativen Kaufpreis“ bei hochlukrativen Grundstücken.

Hintergrund solcher Fälle: Die Gemeinde wendet nicht das sogenannte „Bieterverfahren“ an, in dem der Verkauf öffentlich angekündigt wird und der Bestbieter den Zuschlag bekommt. Stattdessen verkauft die Gemeinde gern direkt, ohne Ausschreibung. Den Preis ermittelt dann ein Sachverständiger.

Dass ebenjener doch unabhängig sei, betont die Stadt dann gerne, wenn es Kritik an Deals gibt. Allerdings zeigen viele Fälle: Ein Sachverständiger ersetzt keine Ausschreibung. Im Fall der Trabrennbahn Krieau beispielsweise wurde festgelegt, dass die Stadt hohe Sanierungskosten für den privaten Käufer übernimmt – ein Arrangement, das mit dem Sachverständigen gar nichts zu tun hatte. In anderen Fälle – geschehen etwa im Prater – gibt es nicht einmal Sachverständige. Sondern nur interne Gutachten in zuständigen Magistratsabteilungen.

Fazit: Die Gemeinde Wien braucht dringend ein transparenteres Immobilienmanagement. Warum sie wofür wie viel Geld verlangt, das muss nachvollziehbar sein.

Sonst muss sich die Gemeinde den Vorwurf gefallen lassen, schlampig mit Steuergeld umzugehen.

Ein Kommentar

Eingeordnet unter Das Rote Wien, Stadtplanung

Ein Wiener Zinshaus um 95.000 Euro

Aus dem FALTER 26/2013

Umstrittene Deals werfen die Frage auf, wie die Gemeinde Wien Häuser und Grundstücke verkauft

Bericht:
Joseph Gepp

Zum Beispiel Hockegasse, 18. Bezirk. „Für diesen Grund hätte die Gemeinde Wien locker das Doppelte bekommen können“, sagt Alexander Neuhuber, Gemeinderat der oppositionellen ÖVP Wien und im Zivilberuf selbst Immobilienhändler. Vergangenes Jahr hat das Rathaus hier vier große Grundstücke an die Immobilienfirma At Home verkauft, die darauf freifinanzierte Eigentumswohnungen errichten will. Preis: 4,67 Millionen Euro, 717 Euro pro Quadratmeter. Viel zu billig, sagt Neuhuber.

Zum Beispiel Myrthengasse 3, siebter Bezirk. Ein hübsches, aber sanierungsbedürftiges Biedermeierhaus: Hier verkaufte die Gemeinde 2009 an das kleine Immobilienunternehmen Vest – um 95.000 Euro. Um diese Summe bekommt man in der Gegend sonst nicht einmal eine Eigentumswohnung. Jetzt toben die Mieter im Haus. „Nicht nur scheint uns der Preis viel zu niedrig“, sagt der Bewohner Hannes Fürst, „wir wurden auch weder vom Verkauf informiert, noch hat man uns das Haus angeboten. Die Gemeinde hat uns vor vollendete Tatsachen gestellt.“

Zum Beispiel große Flächen nördlich des Praters, zweiter Bezirk. Um 32,1 Millionen Euro verkaufte sie die Gemeinde über eine Public-private-Partnership-Konstruktion im Jahr 2003 an private Immobilienentwickler. Später entstanden hier Geschäfte und Bürotürme, aktuell wird auf Basis des damaligen Geschäfts über einen Teilverbau der Trabrennbahn Krieau verhandelt – der Falter berichtete. Das Kontrollamt, die Prüfbehörde der Stadt, urteilte im Jahr 2006 über den Verkauf vernichtend. Von mangelnder Sorgfalt ist die Rede und davon, dass wohl ein „weit höherer Kaufpreis“ erzielt hätte werden können.

Drei Orte, ein Vorwurf:
Gemeindeimmobilien sollen unter intransparenten Umständen zu Schleuderpreisen verkauft worden sein – zulasten der Stadtkassa und damit des Steuerzahlers. Stimmt der Vorwurf? Und wie läuft das ab, so ein Grundstücksverkauf der Gemeinde Wien?

„Bieterverfahren“ heißt in der Fachsprache der Prozess, den Kommunen oft anwenden, wenn sie Immobilien verkaufen. Das heißt, der bevorstehende Verkauf wird öffentlich gemacht, das beste Angebot bekommt den Zuschlag. In Wien aber wendet die zuständige MA 69 für Liegenschaften das Bieterverfahren nicht immer an.

Das Rathaus beschreibt dies auf Falter-Nachfrage als ganz normalen Vorgang. „Wenn es für Liegenschaften nur einen Kaufinteressenten gibt, dann kann – etwa mit einer für die Stadt Wien vorteilhaften Realisierung – auch direkt verkauft werden“, sagt Hanno Csisinko, Sprecher des verantwortlichen Wohnbaustadtrats Michael Ludwig (SPÖ). Den Verkaufspreis ermittle in diesem Fall ein unabhängiger Sachverständiger. Laut Csisinko wurden im Jahr 2012 sechs Immobilien auf diese Weise verkauft.

Wie laufen solche Verkäufe abseits des Bieterverfahrens konkret ab? Das zeigt beispielsweise der Fall Hockegasse. Im März 2011 schickt die Käuferfirma At Home einen Brief an die MA 69: Sie sei an den Grundstücken interessiert und bitte um Verständigung über einen Verkaufsstart. In der Folge lässt die Stadt von einem Sachverständigen den Verkaufspreis eruieren. Um diese Summe werden die Grundstücke 2012 an At Home abgetreten, nachdem die rot-grüne Rathauskoalition im Gemeinderat zugestimmt hat. „Andere mögliche Kaufinteressenten wussten gar nichts von dem Deal“, kritisiert ÖVP-Mann Neuhuber. „Gerade angesichts des derzeitigen Immobilienbooms“ hätte man viel mehr für die Flächen bekommen. Neuhuber wittert hinter dem Geschäft auch einen politischen Handel: Die Firma At Home gehört zu 82 Prozent der Gewerkschaft Bau Holz; deren Vorsitzender ist der SPÖ-Parlamentsabgeordnete Josef Muchitsch.

Bei At Home weist man auf Falter-Nachfrage den Vorwurf zurück, zu wenig bezahlt zu haben. Aufseiten des Rathauses betont Ludwig-Sprecher Csisinko, dass ja ein externer Gutachter den Preis ermittelt habe. „Außerdem wird die Käuferfirma dort neben Wohnungen auch einen Kindergarten errichten und öffentliche Wege anlegen“, sagt Csisinko. Solche Bedingungen könne man in einem Bieterverfahren nicht diktieren.

Der nächste Fall: Myrthengasse, siebter Bezirk. Hier wirkt der Preis von 95.000 Euro, um den die Gemeinde das Haus an die Firma Vest verkaufte, zwar auf den ersten Blick skandalös niedrig. Allerdings müsse Vest nicht nur Sanierungskosten von etwa einer Million Euro stemmen, wie die Firma auf Falter-Nachfrage erklärt. Auch verfügten die derzeitigen Mieter über langfristige, äußerst günstige Mietverträge. Bis sich der Kauf der Immobilie also für die Firma rechnet, könne das lange dauern – was einen eher niedrigen Kaufpreis rechtfertige.

95.000 Euro: Um diese Summe hat die Gemeinde Wien dieses Haus in Neubau an eine private Immobilienfirma verkauft

95.000 Euro: Um diese Summe hat die Gemeinde Wien dieses Haus in Neubau an eine private Immobilienfirma verkauft

Trotzdem sind die Bewohner um Hannes Fürst zornig, nicht nur wegen des Kaufpreises. „Warum hat die Gemeinde das Haus nicht zuerst uns zum Kauf angeboten?“, sagt Fürst. „Das muss doch logisch sein, dass man da die Hausgemeinschaft fragt.“ Auch in der Myrthengasse gab es kein Bieterverfahren, auch hier hat ein Sachverständiger den Preis ermittelt. Laut Ludwig-Sprecher Csisinko sei die Nachfrage nach der Immobilie derart gering gewesen, dass man sogar aktiv nach Käufern suchen musste. Bewohner Fürst schließlich erfuhr im Dezember 2009 erst im Nachhinein, dass sein Wohnhaus an eine Privatfirma verkauft worden war. Jetzt herrscht zwischen den Hausbewohnern und dem Neo-Eigentümer Eiszeit, man wirft einander Quertreiberei vor. In der Myrthengasse führt der Verkauf der Immobilie ohne Bieterverfahren also vor allem dazu, dass sich Mieter veräppelt fühlen.

Im dritten Fall nördlich des Praters scheinen die finanziellen Folgen für das Rathaus deutlich gravierender zu sein als in der Myrthengasse. Zumindest hört sich der Bericht des Kontrollamts von 2006 stark danach an. Drei Jahre zuvor hatten hier private Immobilienentwickler über ein Public-private-Partnership-Modell rund 107.000 Quadratmeter Grund erworben, dazu kommen zahlreiche Vorkaufsrechte für Flächen in der Nachbarschaft.

Nicht nur beurteilen die Prüfer den geringen Kaufpreis von 32,1 Millionen Euro als „nicht nachvollziehbar“. Der Behörde ist zudem schleierhaft, „warum gerade diese Investoren für das Projekt ausgewählt wurden“. Und, so das Kontrollamt, „ein anderes Verfahren (…) zur Ermittlung des Kaufpreises“ wäre vorteilhafter gewesen. Der Verkaufspreis wurde in diesem Fall nicht einmal, wie in der Hockegasse und Myrthengasse, durch einen Sachverständigen ermittelt. Es gab lediglich ein internes Gutachten der zuständigen MA 69, das noch dazu „äußerst knapp ausgefallen“ war.

32,1 Millionen: So viel kosteten die Gemeindegründe nahe dem Prater, die u. A. den Teilverkauf der Krieau zur Folge haben

32,1 Millionen: So viel kosteten die Gemeindegründe nahe dem Prater, die u. A. den Teilverkauf der Krieau zur Folge haben

Wer heute etwas über die Umständen des damaligen Deals herausfinden will, stößt auf Schweigen. Trotz zahlreicher Nachfragen des Falter lässt sich nicht einmal eruieren, welcher Stadtrat der – damals noch absolut regierenden – SPÖ federführend das Geschäft verantwortete. Im Kontrollamtsbericht jedenfalls rechtfertigt die zuständige MA 69 den niedrigen Kaufpreis damit, dass es der Gemeinde bei dem Geschäft nicht um „maximale Gewinnerzielung“ gegangen sei, sondern um „städtebauliche Entwicklungen“.

Was 2003 vereinbart wurde, wirkt bis heute nach: Vor zwei Jahren erwarb der Immobilienentwickler und Ex-Raiffeisen-Manager Michael Griesmayr auf Basis damaliger Vorkaufsrechte Teile der Trabrennbahn Krieau zum Verbau. Der Verkäufer war die Firma LSE, eine Tochter der städtischen Wien Holding. Wie viel Griesmayr an die Stadt gezahlt hat, das wollen auf Falter-Nachfrage weder die LSE noch Griesmayr verraten.

Aber nachdem die damaligen Verträge für die Privaten äußerst günstig ausgefallen sind, wird es wohl nicht besonders viel gewesen sein.

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