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Krieau: Die Causa um Immobiliendeals hat Folgen im Gemeinderat

Aus dem FALTER 19/2014

BERICHT: JOSEPH GEPP

Vor drei Wochen berichtete der Falter über fragwürdige Immobiliendeals rund um die Trabrennbahn Krieau im Prater. Die Stadt Wien hat dort hochlukrative Grundstücke an die private Immobilienfirma IC Projektentwicklung verkauft – mutmaßlich zu einem äußerst günstigen Preis.

Im Gemeinderat greift nun vor allem die oppositionelle ÖVP die Causa auf. So musste sich vergangenen Dienstag im Rathaus SPÖ-Wohnbaustadt Michael Ludwig, in dessen Zuständigkeit Immobilienverkäufe fallen, den Fragen des ÖVP-Mandatars Alexander Neuhuber stellen.

Ludwig sagte, was er zuvor auch schon dem Falter gesagt hat: Er sehe keine Unregelmäßigkeiten, weil ein unabhängiger Sachverständiger den Kaufpreis für die Krieau beschlossen habe (siehe auch hier). Ludwig stritt auch ab, jene Rathausbeamten zu kennen, die im Jahr 2007 schriftlich vor dem Deal gewarnt haben, weil die Verkaufskonditionen für die Stadt derart schlecht sind – der Falter berichtete.

Am nächsten Tag ging es gleich wieder um die Krieau – erneut auf Initiative der Wiener ÖVP. Diesmal forderte die Partei mit Verweis auf die Krieau und andere Immobiliendeals ein neues Gesetz, das Immobilienverkäufe der Stadt Wien transparenter machen soll. Die regierende SPÖ allerdings wies das Ansinnen zurück. Man solle der Stadtregierung doch einfach „vertrauen“, rief der SPÖ-Abgeordnete Georg Niedermühlbichler den Oppositionsparteien zu. Für den grünen Koalitionspartner riet Planungssprecher Christoph Chorherr prinzipiell von weiteren Grundstücksverkäufen ab und plädierte stattdessen in Zukunft stärker für die Vergabe von Nutzungsrechten.

Die Causa Krieau könnte auch außerhalb des Gemeinderatssaals noch Folgen haben. Die Oppositionsparteien wollen zunächst den Stadtrechnungshof mit der Angelegenheit befassen. Dazu hat die FPÖ den einstmals zuständigen Wohnbaustadt Werner Faymann auch angezeigt – wegen mutmaßlicher Untreue.

Stallungen neben der Trabrennbahn: Unter anderem hier sollen ab 2015 Büros und Wohnungen entstehen (Foto: Heribert Corn)

Stallungen neben der Trabrennbahn: Unter anderem hier sollen ab 2015 Büros und Wohnungen entstehen (Foto: Heribert Corn)

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Krieau: Wird die Affäre um billige Grundstücke Folgen haben?

Aus dem FALTER 17/2014

Vergangene Woche berichtete der Falter von kostbaren Gründen an der Trabrennbahn Krieau im Prater, die die Gemeinde Wien zum Spottpreis an eine Privatfirma verscherbelt haben soll. Der Deal geschah 2011, wurde aber bereits 2004 fixiert, unter dem damaligen SPÖ-Wohnbaustadtrat Werner Faymann. Bei der Rathausopposition sorgte die Nachricht für großes Aufsehen.

„Lückenlose Aufklärung“ fordern unisono Wiens ÖVP und FPÖ. Die Parteien wollen den Stadtrechnungshof einschalten, die FPÖ hat darüber hinaus gar Anzeige gegen Bundeskanzler Faymann eingebracht. Die ÖVP betont, dass sie schon 2004 im Gemeinderat gegen den Deal aufgetreten sei. Die verantwortliche Wiener SPÖ hingegen schweigt – und wiederholt nur das immergleiche Statement: Es habe keine Unregelmäßigkeiten gegeben. Denn einerseits habe ein unabhängiger Sachverständiger den billigen Kaufpreis für die Krieau ermittelt, andererseits entspreche eben dieser Preis „umliegenden Vergleichswerten“.

Einer näheren Betrachtung allerdings halten diese Argumente nicht stand. Warum nicht?

Es stimmt zwar, dass ein unabhängiger Sachverständiger 2011 den Preis ermittelt hat. Dies jedoch geschah auf Basis eines Vertrags von 2004. Darin ist die Art der Preisermittlung festgeschrieben – ganz unabhängig vom Sachverständigen. Zum Beispiel auch, dass das Rathaus hohe Sanierungskosten für den Privaten übernimmt – weshalb Rathausbeamte 2007 gar vor einem „negativen Kaufpreis“ warnten.

Das zweite Argument betrifft die „umliegenden Vergleichswerte“: Auch hier ist es zwar richtig, dass die Krieau-Gründe nicht billiger waren als andere, umliegende Grundstücke, die das Rathaus vor der Fußball-EM verkaufte. Allerdings: Eben diese Verkäufe wurden vom Wiener Kontrollamt wegen des viel zu niedrigen Kaufpreises 2006 massiv kritisiert. Fazit: Dass Nachbargrundstücke nicht teurer als die Krieau waren, ist kein entlastendes Argument – eher im Gegenteil.

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Der Deal auf der Trabrennbahn

Aus dem FALTER 16/2014

Hat die Gemeinde Wien wertvolle Gründe in der Krieau zum Spottpreis an einen Privaten verscherbelt? Chronologie eines dubiosen Millionengeschäfts

BERICHT: JOSEPH GEPP
FOTO: HERIBERT CORN

Seit die Sportwetten-Fans lieber ins Wettcafé oder ins Internet gehen, ist es still geworden auf der Trabrennbahn Krieau. An guten Tagen kommen gerade einmal 3000 Besucher, nicht mehr 50.000 wie einst. Die denkmalgeschützten Stallungen bröckeln. Von drei historischen Tribünen sind zwei wegen Baufälligkeit gesperrt.

Die altehrwürdige Trabrennbahn im zweiten Bezirk, eröffnet 1878, wirkt wie aus der Zeit gefallen. Rundherum blüht das Viertel nördlich des Praters, seit im Jahr 2008 die U2 hierher verlängert wurde. Gleich neben der Rennbahn entstanden etwa in den vergangenen Jahren die neue Wirtschaftsuni, das Büroquartier Viertel Zwei und das Einkaufszentrum Stadion Center. Und mittendrin liegt die Krieau, verwaist und von Subventionen ihres Eigentümers abhängig, der Gemeinde Wien.

Nun wird ein Teil der Rennbahn verbaut. Ab kommendem Jahr sollen auf dem Areal Büros und freifinanzierte Wohnungen für 5000 Menschen entstehen, verkündete Wiens rot-grüne Stadtregierung Anfang März. Fertig werden soll das Projekt 2021. Die Rennbahn selbst bleibt erhalten, versichert das Rathaus. Die Neubauten sind am Rand der Anlage geplant, wo heute noch Stallungen und Freiflächen liegen.

Bauherr in der Krieau ist nicht die Stadt Wien, sondern ein privates Immobilienunternehmen namens IC Projektentwicklung. Vor zwei Jahren hat die Gemeinde die zu verbauenden Teile der Krieau an diese Firma verkauft. Die IC Projektentwicklung ist in der Gegend nicht unbekannt; sie hat bereits im Jahr 2010 das danebenliegende Büro-und Wohnungsareal Viertel Zwei errichtet. Dieses wird nun in Richtung Trabrennbahn erweitert.

Wer sich den Verkauf der Krieau-Gründe genauer anschaut,
stößt auf einen Deal, der über viele Jahre läuft und dessen Umstände völlig unklar sind. Offenbar hat die Gemeinde die hochlukrativen Gründe viel zu billig verkauft, nicht zuletzt aufgrund gefinkelter Klauseln im Kaufvertrag von 2011, der dem Falter vorliegt. Laut diesem zahlt die IC Projektentwicklung für die Krieau-Gründe 300 Euro pro Quadratmeter bebauter Fläche. Das Geld fließt erst nach Fertigstellung des Projekts. Der gesamte Kaufpreis beträgt ungefähr 60 Millionen Euro. Das allein wäre laut Kritikern schon weit unter dem Marktwert für die begehrten Gründe, deren Größe circa einem Drittel des Wurstelpraters entspricht. Doch von den 60 Millionen werden noch hohe Summen abgezogen, etwa weil die Gemeinde Sanierungskosten für den privaten Partner übernimmt. Möglicherweise handelt es sich dabei um Dutzende Millionen Euro, die der Gemeinde – und damit dem Steuerzahler – entgehen. Oder gar um noch mehr. Darauf lässt zumindest ein Rathaus-internes Schreiben schließen, das dem Falter vorliegt.

Der Aktenvermerk stammt aus dem Jahr 2007. Im Vorfeld des Krieau-Verkaufs warnen darin Rathausbeamte die damaligen Chefs der Wien-Holding, Brigitte Jilka und Peter Hanke. Der Deal bedürfe sofort „einer Korrektur bzw. Auflösung“, steht in dem Schreiben. Grund: Weil sich der Käufer so viel vom Kaufpreis abziehen darf, stehe am Ende möglicherweise gar ein „deutlich negativer Kaufpreis“. Das heißt: Die Gemeinde zahlt schlimmstenfalls dafür, dass ihr eine Privatfirma lukrative Gründe abnimmt. Weil das nur ein „Irrtum“ sein könne, empfehlen die Beamten, „das Vertragsverhältnis wegen Irrtums anzufechten“. Die Warnung bleibt ungehört – der Deal wird einige Jahre später wie vorgesehen abgeschlossen.

In einem internen Aktenvermerk warnen Rathausbeamte die Wien-Holding-Chefs vor einem „negativen Kaufpreis“, raten zur „Korrektur bzw. Auflösung“ des Deals und empfehlen eine „Anfechtung wegen Irrtums“

Die Geschichte der Krieau zeigt, wie im Rathaus undurchsichtige Immobiliengeschäfte gemacht werden, bei denen die private Seite bemerkenswert gut aussteigt. Die Verträge sind hochkomplex. Die politischen Verantwortlichkeiten sind unklar, auch deshalb, weil die Vorgänge über viele Jahre laufen. Ausschreibungen gibt es nicht. Der Wiener Gemeinderat nickt die schwierigen Deals ab, durchschaut die Konstrukte aber nicht. Das Kontrollamt, Wiens Pendant zum Rechnungshof, kritisiert die Zustände, aber seine Empfehlungen verhallen ungehört. Aber der Reihe nach.

Traber auf der Rennbahn: Heute kommen gerade 3000 Besucher hierher. Links im Hintergrund das neue Viertel Zwei (Foto: Joseph Gepp)

Traber auf der Rennbahn: Heute kommen gerade 3000 Besucher hierher. Links im Hintergrund das neue Viertel Zwei (Foto: Joseph Gepp)

Die Geschichte des Krieau-Verkaufs beginnt im Jahr 2004 – und hat vorerst mit der Krieau wenig zu tun. Damals stehen die Vorbereitung für die Fußball-EM in Wien 2008 an. Wiens allein regierende SPÖ ruft deshalb unter viel Jubel eine große Public-private-Partnership ins Leben. Bis zur EM sollen rund um das Stadion im Prater viele Neubauten entstehen, etwa Viertel Zwei und Stadion Center. Dafür vorgesehene Gründe werden an private Investoren verkauft, die dort Gebäude errichten.

Hier kommt Michael Griesmayr ins Spiel, Gründer der IC Projektentwicklung („Integrated Communication“). Der Unternehmer, der in den 1990er-Jahren bei Raiffeisen Immobilienfinanzierungen managte, wird nun ein wichtiger Partner der Stadt. Griesmayrs Firma errichtet das 2010 fertiggestellte Viertel Zwei, das heute etwa die OMV-Zentrale beherbergt.

Später veröffentlicht das Kontrollamt einen vernichtenden Bericht über die Geschäfte der Gemeinde mit Griesmayr und anderen Privaten. Es sei schleierhaft, „warum gerade diese Investoren für das Projekt ausgewählt wurden“, heißt es darin. Weiters hätte ein „weit höherer Kaufpreis“ erzielt werden können als jene 32,1 Millionen Euro, um welche die Investoren die Grundstücke kauften. Statt einer öffentlichen Ausschreibung diente zur Preisermittlung lediglich ein „äußerst knapp ausgefallenes“ Gutachten der MA 69 für Immobilienmanagement, schreibt das Kontrollamt. Und überhaupt „entbehrt“ das Geschäft „in vielerlei Hinsicht kaufmännischer und juristischer Sorgfalt bzw. den üblichen Gepflogenheiten im Immobilienwesen“. Fazit: schlecht für die Stadt, gut für die Privaten.

Doch zurück zur Krieau – auch
sie ist ein wichtiger Teil des Geschäfts von 2004. Griesmayrs IC Projektentwicklung bekommt nämlich ein kostenloses Vorkaufsrecht auf die Trabrennbahn, die praktischerweise gleich neben seinem geplanten Viertel Zwei liegt. Bis Ende 2012 darf sich der Geschäftsmann die Rennbahn kaufen, wenn er will. In der Öffentlichkeit verlieren die SPÖ-Stadtpolitiker über dieses vertragliche Vorkaufsrecht kein Wort. Während andere Projekte wie Viertel Zwei oder Stadion Center bejubelt werden, verrät keine Presseaussendung oder Werbebroschüre, dass auch die traditionsreiche Trabrennbahn einem Privaten überantwortet wurde. Und nicht nur die Öffentlichkeit bekommt den Krieau-Deal nicht mit, auch die Opposition im Rathaus durchschaut ihn nicht.

Zwar stimmt 2004 der Gemeinderat über das Geschäft ab. Doch das Vorkaufsrecht auf die Rennbahn bekommt pro forma nicht Griesmayrs Privatfirma, sondern eine andere, die zur Gänze der Gemeinde gehört: die Firma LSE („Liegenschaftsstrukturentwicklung“). Diese LSE ist jedoch nur ein Vehikel – sie reicht die Immobilie nach dem Kauf sofort an Griesmayr weiter. Warum diese Konstruktion? Wenn die LSE Geschäfte macht, bedarf dies im Gegensatz zu direkten Geschäften des Rathauses „nicht einer Genehmigung durch den Gemeinderat“, schreibt das Kontrollamt. Das bedeutet: Die Abgeordneten bekommen lediglich ein harmloses Geschäft zwischen Rathaus und Rathausfirma zu sehen – und merken nichts vom darauffolgenden, heiklen Deal zwischen Rathausfirma und Privatfirma.

Stallungen neben der Trabrennbahn: Unter anderem hier sollen ab 2015 Büros und Wohnungen entstehen (Foto: Heribert Corn)

Stallungen neben der Trabrennbahn: Unter anderem hier sollen ab 2015 Büros und Wohnungen entstehen (Foto: Heribert Corn)

Im Dezember 2011 jedenfalls macht Griesmayr von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch und kauft die Krieau – wenn auch nicht zur Gänze. Er erwirbt ein großes Areal am Rand der Bahn rund um Westkurve, zwei Tribünen und Stallungen. Insgesamt ist es ungefähr die Hälfte der Anlage. Der Kaufpreis von 300 Euro pro gebautem Quadratmeter wird – bis auf einen Vorschuss von sieben Millionen – erst in vielen Jahren überwiesen, wenn die Neubauten stehen. Immobilienexperten bezeichnen den Preis als viel zu niedrig. „Man hätte das Vielfache dafür bekommen können“, sagt etwa Alexander Neuhuber, Gemeinderat der oppositionellen Wiener ÖVP und selbst Chef einer Immobilienfirma. Gerüchten zufolge haben sich in den vergangenen Jahren auch andere Firmen für das Areal interessiert – und das Doppelte geboten.

Plan des Areals: Links oben das "Viertel Zwei" im Besitz der IC Projektentwicklung, das 2010 fertiggestellt wurde. Die roten Bereiche sind jene, die die IC Projektentwicklung 2011 dazugekauft hat. Die Bahn selbst und eine von drei Tribünen verbleiben bei der Stadt. (Der Bereich rechts von der Bahn gehört nicht zur Anlage). Plan: IC Projektentwicklung

Plan des Areals: Links oben das „Viertel Zwei“ im Besitz der IC Projektentwicklung, das 2010 fertiggestellt wurde. Die roten Bereiche sind jene, die die IC Projektentwicklung 2011 dazugekauft hat. Die Bahn selbst und eine von drei Tribünen verbleiben bei der Stadt. (Der Bereich rechts von der Bahn gehört nicht zur Anlage). Plan: IC Projektentwicklung

Doch auch der ohnehin günstige Kaufpreis von insgesamt rund 60 Millionen Euro wird nie im Rathaus ankommen. Denn laut Kaufvertrag darf sich die IC Projektentwicklung bedeutende Summen abziehen. So übernimmt die Gemeinde alle „Abbruchskosten samt Entsorgungskosten“, die beim Umbau anfallen. Und noch wichtiger: Die Stadt zahlt auch für Sanierungen der denkmalgeschützten Gebäude auf den verkauften Krieau-Gründen. „Die hierfür anfallenden Kosten“, heißt es im Kaufvertrag, sind vom Kaufpreis „in Abzug zu bringen“.

Vor allem diese Klausel könnte dem Rathaus teuer zu stehen kommen. Denn sowohl die Krieau-Stallungen als auch zwei von drei historischen Tribünen stehen auf dem nunmehrigen Grund der IC Projektentwicklung – und sind denkmalgeschützt. Die Sanierungskosten dieser baufälligen Gebäude werden wohl in die Dutzenden Millionen Euro gehen. Vor allem die Wiederherstellung der historischen Tribünen von 1912 gilt unter Architekten als Herausforderung. Eine der drei Tribünen – jene, die der Stadt geblieben ist – wurde bereits in den 1990erJahren saniert: Das kostete damals knapp 15 Millionen Euro. Diesmal wären aber gleich zwei Tribünen zu sanieren, plus weitere Bauwerke – wohlgemerkt allesamt in Privatbesitz. Auch wenn die Gemeinde in den kommenden Jahren für die Sanierung berappt, kann der private Eigentümer danach mit den Immobilien verfahren, wie er will. Angeblich möchte die IC Projektentwicklung die Tribünen zu Luxus-Penthäusern umbauen, nachdem sie mit Steuergeld renoviert worden sind.

Dazu kommen weitere Kosten, die das Rathaus trägt – etwa für neue Stallungen, weil auf dem Areal der alten Büros und Wohnungen geplant sind. Es sind all diese Kosten, die Rathausbeamte 2007 vor einem „negativen Kaufpreis“ warnen ließen. Ob die Stadt am Ende wirklich draufzahlt, lässt sich jedoch erst in vielen Jahren sagen. Fest steht: Viel Gewinn aus dem Verkauf der lukrativen Krieau-Gründe wird dem Steuerzahler sicher nicht bleiben.

Angeblich möchte die IC Projektentwicklung die Tribünen zu Luxus-Penthäusern umbauen, nachdem sie mit Steuergeld renoviert worden sind.

Offen bleiben schwerwiegende Fragen: Wer setzt einen Vertrag auf, der offenbar überaus vorteilhaft für die private Seite ausfällt? Warum hat die SPÖ-Stadtregierung keinen angemessenen Preis verlangt? Warum trägt der private Käufer nicht selbst die Sanierungskosten? Warum hat das Rathaus niemals kommuniziert, dass man die Trabrennbahn in private Hände zu geben gedenkt? Und: Wer ist politisch verantwortlich?

 Als Wiens SPÖ-Wohnbaustadtrat 2004 für den Deal verantwortlich: Werner Faymann (Wikipedia)


Als Wiens SPÖ-Wohnbaustadtrat 2004 für den Deal verantwortlich: Werner Faymann (Wikipedia)

Zuständig für den Deal war die MA 69 für Immobilienmanagement. Diese unterstand 2004, als die Public-private-Partnership samt Krieau-Verkauf fixiert wurde, dem damaligen SPÖ-Wohnbaustadtrat Werner Faymann. Gerüchteweise waren auch andere SPÖ-Stadträte involviert, etwa Wiens mächtige Ex-SPÖ-Vizebürgermeisterin Grete Laska. Der Falter bat im Büro von Bundeskanzler Faymann um Auskünfte – doch sein Büro verwies an die Gemeinde Wien. Deswegen hat der Falter bei Faymanns Nachfolger als SPÖ-Wohnbaustadtrat Michael Ludwig nachgefragt.

Faymanns Nachfolger Michael Ludwig sieht heute keine Unregelmäßigkeiten (Foto: mein Bezirk)

Faymanns Nachfolger Michael Ludwig sieht heute keine Unregelmäßigkeiten (Foto: mein Bezirk)

Dieser bezeichnet in einer schriftlichen Stellungnahme den Kaufpreis für die Krieau-Gründe als angemessen, weil er „umliegenden Vergleichswerten“ entspreche. Zudem habe „ein erfahrener, externer und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger“ den Preis ermittelt. Wie hoch werden die Sanierungskosten sein, die sich die IC Projektentwicklung am Ende vom Kaufpreis abziehen darf? Zwar liege „die genaue Höhe derzeit noch nicht vor“, antwortet Ludwig – aber prinzipiell seien die Abzüge durchaus gerechtfertigt, weil sich der Kaufpreis von 300 Euro pro Quadratmeter auf „frei verfügbare Grundflächen“ beziehe. Ludwig betont weiters, dass das Geschäft ordnungsgemäß im Gemeinderat beschlossen worden sei. Warum der Krieau-Deal nicht der Öffentlichkeit kommuniziert wurde, dazu sei heute „keine Stellungnahme“ mehr möglich.

Der Falter hat auch Griesmayrs IC Projektentwicklung per E-Mail befragt -etwa nach der Angemessenheit des Kaufpreises und der Abzüge. Doch von der Firma war, trotz mehrmaliger Nachfrage, keine Stellungnahme zu bekommen.

Bisher zur Krieau:
Sommer 2013: Die Krieau wird verbaut
Sommer 2013: Immobiliengeschäfte der Gemeinde Wien – unter anderem am Beispiel Krieau

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Krieau: Wo heute noch Pferde traben, sollen Wohnblocks wachsen

Aus dem FALTER 10/2014

Bericht: Joseph Gepp
Foto: Heribert Corn

Noch übt zwar rund um die Stallungen der Trabrennbahn Krieau da und dort ein Traber. Doch Rennbahn und dazugehörige Stallungen haben ihre Blütezeit längst hinter sich. Angesichts von Wettcafés und Online-Games läuft der Betrieb schlecht.

Nun haben die Gemeinde Wien und eine Privatfirma des ehemaligen Raiffeisen-Managers Michael Griesmayr die Konsequenzen gezogen: Rund 1000 Wohnungen und Büros sollen entstehen, wo heute Stallungen und der Rand der Rennbahn liegen.

Das Projekt sorgt bereits jetzt für Kritik: Anrainer fürchten nicht nur um den Denkmalschutz des Areals, auch sollen Neubauten bis auf wenige Meter an den Grünen Prater heranrücken. Zudem ist die Zukunft der verbleibenden Trabrennbahn ungewiss.

Zwar verspricht die Stadt ihren Erhalt, aber bisher hat sich die Krieau weitgehend über Konzerte finanziert, die hier stattfanden. Das wird wohl, wenn rundherum Wohnungen wachsen, kaum noch möglich sein.

Mehr zur Krieau?
Krieau Verbau vom Juni 2013
Ein “Viertel Zwei Plus“ ersetzt Teile der alten Trabrennbahn vom Juli 2013

Nach der Wiener Weltausstellung 1873 wurden die historischen Pferdestallungen neben der Trabrennbahn Krieau geabut. Jetzt wollen die Gemeinde Wien und eine Privatfirma hier rund 1000 Wohnungen errichten (Foto: Heribert Corn)

Nach der Wiener Weltausstellung 1873 wurden die historischen Pferdestallungen neben der Trabrennbahn Krieau geabut. Jetzt wollen die Gemeinde Wien und eine Privatfirma hier rund 1000 Wohnungen errichten (Foto: Heribert Corn)

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Ein Wiener Zinshaus um 95.000 Euro

Aus dem FALTER 26/2013

Umstrittene Deals werfen die Frage auf, wie die Gemeinde Wien Häuser und Grundstücke verkauft

Bericht:
Joseph Gepp

Zum Beispiel Hockegasse, 18. Bezirk. „Für diesen Grund hätte die Gemeinde Wien locker das Doppelte bekommen können“, sagt Alexander Neuhuber, Gemeinderat der oppositionellen ÖVP Wien und im Zivilberuf selbst Immobilienhändler. Vergangenes Jahr hat das Rathaus hier vier große Grundstücke an die Immobilienfirma At Home verkauft, die darauf freifinanzierte Eigentumswohnungen errichten will. Preis: 4,67 Millionen Euro, 717 Euro pro Quadratmeter. Viel zu billig, sagt Neuhuber.

Zum Beispiel Myrthengasse 3, siebter Bezirk. Ein hübsches, aber sanierungsbedürftiges Biedermeierhaus: Hier verkaufte die Gemeinde 2009 an das kleine Immobilienunternehmen Vest – um 95.000 Euro. Um diese Summe bekommt man in der Gegend sonst nicht einmal eine Eigentumswohnung. Jetzt toben die Mieter im Haus. „Nicht nur scheint uns der Preis viel zu niedrig“, sagt der Bewohner Hannes Fürst, „wir wurden auch weder vom Verkauf informiert, noch hat man uns das Haus angeboten. Die Gemeinde hat uns vor vollendete Tatsachen gestellt.“

Zum Beispiel große Flächen nördlich des Praters, zweiter Bezirk. Um 32,1 Millionen Euro verkaufte sie die Gemeinde über eine Public-private-Partnership-Konstruktion im Jahr 2003 an private Immobilienentwickler. Später entstanden hier Geschäfte und Bürotürme, aktuell wird auf Basis des damaligen Geschäfts über einen Teilverbau der Trabrennbahn Krieau verhandelt – der Falter berichtete. Das Kontrollamt, die Prüfbehörde der Stadt, urteilte im Jahr 2006 über den Verkauf vernichtend. Von mangelnder Sorgfalt ist die Rede und davon, dass wohl ein „weit höherer Kaufpreis“ erzielt hätte werden können.

Drei Orte, ein Vorwurf:
Gemeindeimmobilien sollen unter intransparenten Umständen zu Schleuderpreisen verkauft worden sein – zulasten der Stadtkassa und damit des Steuerzahlers. Stimmt der Vorwurf? Und wie läuft das ab, so ein Grundstücksverkauf der Gemeinde Wien?

„Bieterverfahren“ heißt in der Fachsprache der Prozess, den Kommunen oft anwenden, wenn sie Immobilien verkaufen. Das heißt, der bevorstehende Verkauf wird öffentlich gemacht, das beste Angebot bekommt den Zuschlag. In Wien aber wendet die zuständige MA 69 für Liegenschaften das Bieterverfahren nicht immer an.

Das Rathaus beschreibt dies auf Falter-Nachfrage als ganz normalen Vorgang. „Wenn es für Liegenschaften nur einen Kaufinteressenten gibt, dann kann – etwa mit einer für die Stadt Wien vorteilhaften Realisierung – auch direkt verkauft werden“, sagt Hanno Csisinko, Sprecher des verantwortlichen Wohnbaustadtrats Michael Ludwig (SPÖ). Den Verkaufspreis ermittle in diesem Fall ein unabhängiger Sachverständiger. Laut Csisinko wurden im Jahr 2012 sechs Immobilien auf diese Weise verkauft.

Wie laufen solche Verkäufe abseits des Bieterverfahrens konkret ab? Das zeigt beispielsweise der Fall Hockegasse. Im März 2011 schickt die Käuferfirma At Home einen Brief an die MA 69: Sie sei an den Grundstücken interessiert und bitte um Verständigung über einen Verkaufsstart. In der Folge lässt die Stadt von einem Sachverständigen den Verkaufspreis eruieren. Um diese Summe werden die Grundstücke 2012 an At Home abgetreten, nachdem die rot-grüne Rathauskoalition im Gemeinderat zugestimmt hat. „Andere mögliche Kaufinteressenten wussten gar nichts von dem Deal“, kritisiert ÖVP-Mann Neuhuber. „Gerade angesichts des derzeitigen Immobilienbooms“ hätte man viel mehr für die Flächen bekommen. Neuhuber wittert hinter dem Geschäft auch einen politischen Handel: Die Firma At Home gehört zu 82 Prozent der Gewerkschaft Bau Holz; deren Vorsitzender ist der SPÖ-Parlamentsabgeordnete Josef Muchitsch.

Bei At Home weist man auf Falter-Nachfrage den Vorwurf zurück, zu wenig bezahlt zu haben. Aufseiten des Rathauses betont Ludwig-Sprecher Csisinko, dass ja ein externer Gutachter den Preis ermittelt habe. „Außerdem wird die Käuferfirma dort neben Wohnungen auch einen Kindergarten errichten und öffentliche Wege anlegen“, sagt Csisinko. Solche Bedingungen könne man in einem Bieterverfahren nicht diktieren.

Der nächste Fall: Myrthengasse, siebter Bezirk. Hier wirkt der Preis von 95.000 Euro, um den die Gemeinde das Haus an die Firma Vest verkaufte, zwar auf den ersten Blick skandalös niedrig. Allerdings müsse Vest nicht nur Sanierungskosten von etwa einer Million Euro stemmen, wie die Firma auf Falter-Nachfrage erklärt. Auch verfügten die derzeitigen Mieter über langfristige, äußerst günstige Mietverträge. Bis sich der Kauf der Immobilie also für die Firma rechnet, könne das lange dauern – was einen eher niedrigen Kaufpreis rechtfertige.

95.000 Euro: Um diese Summe hat die Gemeinde Wien dieses Haus in Neubau an eine private Immobilienfirma verkauft

95.000 Euro: Um diese Summe hat die Gemeinde Wien dieses Haus in Neubau an eine private Immobilienfirma verkauft

Trotzdem sind die Bewohner um Hannes Fürst zornig, nicht nur wegen des Kaufpreises. „Warum hat die Gemeinde das Haus nicht zuerst uns zum Kauf angeboten?“, sagt Fürst. „Das muss doch logisch sein, dass man da die Hausgemeinschaft fragt.“ Auch in der Myrthengasse gab es kein Bieterverfahren, auch hier hat ein Sachverständiger den Preis ermittelt. Laut Ludwig-Sprecher Csisinko sei die Nachfrage nach der Immobilie derart gering gewesen, dass man sogar aktiv nach Käufern suchen musste. Bewohner Fürst schließlich erfuhr im Dezember 2009 erst im Nachhinein, dass sein Wohnhaus an eine Privatfirma verkauft worden war. Jetzt herrscht zwischen den Hausbewohnern und dem Neo-Eigentümer Eiszeit, man wirft einander Quertreiberei vor. In der Myrthengasse führt der Verkauf der Immobilie ohne Bieterverfahren also vor allem dazu, dass sich Mieter veräppelt fühlen.

Im dritten Fall nördlich des Praters scheinen die finanziellen Folgen für das Rathaus deutlich gravierender zu sein als in der Myrthengasse. Zumindest hört sich der Bericht des Kontrollamts von 2006 stark danach an. Drei Jahre zuvor hatten hier private Immobilienentwickler über ein Public-private-Partnership-Modell rund 107.000 Quadratmeter Grund erworben, dazu kommen zahlreiche Vorkaufsrechte für Flächen in der Nachbarschaft.

Nicht nur beurteilen die Prüfer den geringen Kaufpreis von 32,1 Millionen Euro als „nicht nachvollziehbar“. Der Behörde ist zudem schleierhaft, „warum gerade diese Investoren für das Projekt ausgewählt wurden“. Und, so das Kontrollamt, „ein anderes Verfahren (…) zur Ermittlung des Kaufpreises“ wäre vorteilhafter gewesen. Der Verkaufspreis wurde in diesem Fall nicht einmal, wie in der Hockegasse und Myrthengasse, durch einen Sachverständigen ermittelt. Es gab lediglich ein internes Gutachten der zuständigen MA 69, das noch dazu „äußerst knapp ausgefallen“ war.

32,1 Millionen: So viel kosteten die Gemeindegründe nahe dem Prater, die u. A. den Teilverkauf der Krieau zur Folge haben

32,1 Millionen: So viel kosteten die Gemeindegründe nahe dem Prater, die u. A. den Teilverkauf der Krieau zur Folge haben

Wer heute etwas über die Umständen des damaligen Deals herausfinden will, stößt auf Schweigen. Trotz zahlreicher Nachfragen des Falter lässt sich nicht einmal eruieren, welcher Stadtrat der – damals noch absolut regierenden – SPÖ federführend das Geschäft verantwortete. Im Kontrollamtsbericht jedenfalls rechtfertigt die zuständige MA 69 den niedrigen Kaufpreis damit, dass es der Gemeinde bei dem Geschäft nicht um „maximale Gewinnerzielung“ gegangen sei, sondern um „städtebauliche Entwicklungen“.

Was 2003 vereinbart wurde, wirkt bis heute nach: Vor zwei Jahren erwarb der Immobilienentwickler und Ex-Raiffeisen-Manager Michael Griesmayr auf Basis damaliger Vorkaufsrechte Teile der Trabrennbahn Krieau zum Verbau. Der Verkäufer war die Firma LSE, eine Tochter der städtischen Wien Holding. Wie viel Griesmayr an die Stadt gezahlt hat, das wollen auf Falter-Nachfrage weder die LSE noch Griesmayr verraten.

Aber nachdem die damaligen Verträge für die Privaten äußerst günstig ausgefallen sind, wird es wohl nicht besonders viel gewesen sein.

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Krieau: Ein „Viertel Zwei Plus“ ersetzt Teile der alten Trabrennbahn

Aus dem FALTER 26/2013

Noch traben sie wie bereits seit dem Jahr 1878, die Pferde auf der Rennbahn Krieau im Prater. Doch heutzutage erregen andere Sportarten mehr Interesse als diese. Längst hat sich auch das Wettgeschäft in Cafés und ins Internet verlagert.

Vergangene Woche gab die Gemeinde bekannt, was sie mit ihrer defizitären Trabrennbahn zu tun gedenkt. Kurz zuvor hatte der Falter (25/13) über eine geplante Teilverbauung berichtet. Ein „Viertel Zwei Plus“ sei auf Teilen des Rennbahnareals geplant, heißt es nun in einer Aussendung. Der Name bezieht sich auf das daneben liegende Grätzl „Viertel Zwei“. Wie bei diesem steht auch hinter dessen möglicher Erweiterung die private IC Projektentwicklung des Ex-Raiffeisen-Managers Michael Griesmayr.

Geplant sind Wohnungen und Büros mit „universitätsnaher Nutzung“ – schließlich eröffnet unweit bald die neue Wirtschaftsuni. Und: „Die Trabrennbahn Krieau wird erhalten bleiben“, verspricht die Gemeinde.

Die traditionsreiche Trabrennbahn Krieau im Prater: Ziemlich nah sind die Neubauten schon an die Pferdesportler herangerückt. Links hinten das "Viertel Zwei“, das erweitert werden soll foto: Joseph Gepp

Die traditionsreiche Trabrennbahn Krieau im Prater: Ziemlich nah sind die Neubauten schon an die Pferdesportler herangerückt. Links hinten das „Viertel Zwei“, das erweitert werden soll foto: Joseph Gepp

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Krieau Verbau

Aus dem FALTER 25/2013

Die traditionsreiche Trabrennbahn im Prater soll zumindest teilweise verbaut werden -für den Anfang

BERICHT: JOSEPH GEPP

Es ist ein anachronistisches Vergnügen, das hier am Nordrand des Grünen Praters ungefähr zweimal pro Monat stattfindet. Elegante Gäste taxieren in Katalogen ihre Wettchancen, während die Jockeys an ihnen vorbeiflitzen. Einige Gäste tragen Kleidung wie im 19. Jahrhundert; Frauen haben Hüte mit breiten Krempen auf. Die Wettbewerbe auf der Trabrennbahn Krieau, eröffnet 1878, entführen in eine andere Welt, irgendwo zwischen Kaiser Franz Joseph und Queen Elizabeth. Nur leider interessieren sich immer weniger Leute dafür.

Von den drei denkmalgeschützten Tribünen ist nur eine saniert und zugänglich, die anderen beiden verfallen hinter Bauzäunen. Von den 50.000 Besuchern, die einst zu Rennen kamen, sind heute an guten Tagen gerade einmal 3000 übrig geblieben.

Der Betreiberverein – der altehrwürdige Wiener Trabrennverein unter der Leitung des ehemaligen SPÖ-Nationalratsabgeordneten Anton Gaál -gerät dadurch zusehends unter Druck. Denn die Fläche der Rennbahn, die der Verein von der Gemeinde auf Dauer gepachtet hat, wird laufend wertvoller.

Seit im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft 2008 die U2 durch den zweiten Bezirk gezogen wurde, findet nördlich des Grünen Praters ein Immobilienrausch statt. Gleich neben der Trabrennbahn ist das sogenannte „Viertel zwei“ aus dem Boden gewachsen, ein Geschäftsviertel rund um das neue Hauptquartier der OMV. Unweit davon eröffnete 2007 das Einkaufszentrum „Stadion-Center“. Einen halben Kilometer weiter harrt die neue Wirtschaftsuniversität ihrer Fertigstellung, samt Restaurants und Studentenherbergen. Und mittendrin: die unrentable Trabrennbahn Krieau, die nur dank Rathaussubventionen überlebt.

Schon im Jahr 2008 wurde die Bahn von 1110 auf 1000 Meter verkürzt – auf der freigewordenen Fläche könnte nun bald ein Studentenwohnheim entstehen. 2,5 Millionen Euro bekam der Trabrennverein damals laut Gemeinderatsbeschluss vom Rathaus als Entschädigung. Jetzt könnte der nächste große Schritt in der lukrativen Immobilienverwertung folgen.

Es geht vorerst, wie Vereinspräsident Gaál erklärt, um eine der zwei baufälligen Tribünen sowie -vor allem -um die Verwaltungsgebäude und Stallungen neben der Bahn. Bei letzterem Gelände handelt es sich um ein großes denkmalgeschütztes Areal aus der Gründerzeit. Die private IC Projektentwicklung („Integrated Communication“) des ehemaligen Raiffeisen-Managers und Immobilienentwicklers Michael Griesmayr hat die Fläche von der Gemeinde erworben.

Jetzt verhandelt Griesmayrs Firma mit dem Rathaus, dem Bundesamt für Denkmalschutz und dem Trabrennverein über ihre künftige Nutzung. „Es gibt Überlegungen, hier ein Viertel aus Büros und Wohnungen zu entwickeln“, sagt Gaál. Seit Jänner würde darüber verhandelt, noch heuer sollen wesentliche Entscheidungen fallen. Für 2015 sei der Baubeginn avisiert. Laut Sabine Ullrich, Geschäftsführerin der IC Projektentwicklung, könnten die Gespräche im Oktober abgeschlossen werden. „Dann wird auch die Öffentlichkeit über die Sache informiert.“

Trabrennbahn Krieau: Die Neubauten (im Hintergrund) sind schon nahe an sie herangerückt (Foto: Gepp)

Trabrennbahn Krieau: Die Neubauten (im Hintergrund) sind schon nahe an sie herangerückt (Foto: Gepp)

Wie kommt ein privater Immobilienentwickler wie die IC Projektentwicklung überhaupt zu derart lukrativen Stadtflächen? Wer das wissen will, muss zurück ins Jahr 2004. Damals machte sich die absolut regierende SPÖ Wien anlässlich der herannahenden Fußball-EM und der U2-Verlängerung Gedanken über die Zukunft des Grätzels. Jene Flächen, die zur Entwicklung vorgesehen waren -das spätere Viertel zwei, das Stadion-Center und andere -übertrug sie einem Public-Private-Partnership-Projekt. Es bestand neben der städtischen Wien Holding und anderen Privaten auch aus jener Firma, aus der später die IC Projektentwicklung hervorging.

32,1 Millionen Euro zahlte das öffentlich-private Konstrukt laut einem Kontrollamtsbericht von 2006 für die Grundstücke. Die Begleitumstände des Deals wurden von den Prüfern damals massiv kritisiert: Er „entbehrt in vielerlei Hinsicht kaufmännischer und juristischer Sorgfalt bzw. den üblichen Gepflogenheiten im Immobilienwesen“, heißt es in dem Prüfbericht. Auch hätte möglicherweise ein „weit höherer Kaufpreis“ erzielt werden können. Schlecht für die Stadt, gut für die privaten Partner, so lautete damals der Tenor von Kontrollamt und Rathausoppositionellen.

Inkludiert in den damaligen Verträgen waren auch weitreichende Vorkaufsrechte für die spätere IC Projektentwicklung und andere Private bei umliegenden Grundstücken -so auch für jene Teile der Trabrennbahn, deren Verbauung nun im Raum steht.

Der Trabrennverein jedenfalls hofft, mit Preisgabe der Stallungen und der Tribüne die wirtschaftliche Weiterexistenz der Rennbahn sichern zu können. Wobei Vereinspräsident Gaál zugleich betont: „Die anderen Tribünen und die Rennbahn selbst bleiben unangetastet. Hier besteht keinesfalls eine Chance auf Verzicht von unserer Seite.“

Andere sehen diese Frage weniger in Beton gegossen. So spricht ein mit Bauagenden befasster Wiener Stadtpolitiker, der seinen Namen im Zusammenhang mit der Trabrennbahn nicht in der Zeitung lesen möchte, von einem „Riesenproblem in der Krieau“ – und ortet „einen gewissen Druck auf den Trabrennverein“:“Mittelfristig wird es wohl so weit kommen, dass auch die Rennbahn selbst verbaut wird.“ Nachsatz: „Immerhin braucht man sich dort nicht um den Grünraum zu sorgen, wo der riesige Prater gleich daneben liegt.“

Wer die übrige Krieau in diesem Fall verbauen könnte, ist jedenfalls sicher: die IC Projektentwicklung. Laut der Leopoldstädter Bezirksvorstehung steht der Firma – sofern der Trabrennverein auf sein Pachtrecht verzichtet – auch ein Vorkaufsrecht auf den Rest der Trabrennbahn zu.

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