Aus dem FALTER 18/2013
Interview: Joseph Gepp
Im albanischen Wahlkampf schlägt die Nachricht gerade hohe Wellen.Edi Rama, Chef der Sozialisten, habe nach einer Diskussion in Wiens Diplomatischer Akademie den albanischen Diplomaten Egin Ceka geohrfeigt. Das behauptet Ceka im Standard. Stimmt nicht, entgegnet Fate Velaj. Velaj, Leiter des Forums Weltoffen, lebt seit 22 Jahren in Wien und hat mit dem SPÖ-nahen Renner-Institut die Diskussion organisiert.
Herr Velaj, haben Sie gesehen, was vergangenen Mittwoch passiert ist?
Ja, ich war dabei. Der Diplomat sagt nicht die Wahrheit.
Was ist denn passiert?
Dazu muss ich etwas ausholen: Egin Ceka wird in albanischen Medien und von Edi Ramas sozialistischer Opposition massiv kritisiert. Sie sehen ihn als Günstling des konservativen albanischen Ministerpräsidenten Sali Berisha. Ceka verdanke seine diplomatische Karriere dem Umstand, dass sein Vater Berater von Berisha war, so der Vorwurf. Beim Buffet nach der Diskussion trat Ceka deshalb an Rama heran und behauptete, Rama würde ihn in albanischen Medien anschwärzen.
Wie hat Rama reagiert?
Es standen viele Leute um ihn herum, außerdem hatte Rama die vorangegangenen zwei Stunden am Podium Fragen beantwortet – und Ceka hat nichts gefragt. Daher sagte Rama, er habe keine Zeit für ein Gespräch, er müsse noch andere Leute treffen.
Was ist dann passiert?
Gar nichts mehr. Aber am nächsten Tag berichteten plötzlich alle albanischen Medien vom angeblichen Übergriff in Wien. Sogar das Parlament beschäftigt sich damit. Sali Berisha sagt, Rama habe Albaniens besten Diplomaten wild geschlagen. Das ist jetzt eine Komödie in ganz Albanien.
Warum sollte der Diplomat den Vorfall erfinden?
Ceka steht Sali Berishas Partei nahe, die Rama als unzurechnungsfähig hinstellen möchte. In Albanien laufen Wahlkämpfe anders ab als in Österreich. Die Nerven liegen bei beiden Lagern derzeit etwas blank.