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Das „Zukunftsbudget“: Woher das Geld für nötige Reformen kommen könnte

Aus dem FALTER 17/2014

Ein Budget, sagt Alexandra Strickner, das sei „in Zahlen gegossene Politik“. Strickner, 45, Ökonomin, ist eine der Begründerinnen des globalisierungskritischen Netzwerks Attac in Österreich. Und sie steht federführend hinter einem Projekt, das Klarheit und Transparenz in den schwierigen Bereich des Budgets bringen soll: dem sogenannten „zivilgesellschaftlichen Zukunftsbudget“.

Attac-Ökonomin Alexandra Strickner

Attac-Ökonomin Alexandra Strickner

Dieses Zukunft sbudget ist kein Projekt von Attac allein. 16 Organisationen von der ÖH über Greenpeace bis zur Gewerkschaft Bau-Holz haben sich zusammengetan. Die Idee entstand im Krisenjahr 2009. Der Gedanke? „Wir wollten Alternativen zur Kürzungspolitik aufzeigen, die sich abzeichnete“, sagt Strickner. „Und dabei den Blick auf die Frage lenken, wer welche Steuern zahlt und wer nicht.“ Herausgekommen ist dieses, nun ja, Budget. Die Organisationen listen Forderungen auf – und präsentieren Finanzierungsquellen dafür. Im Vergleich zum echten Budget ist das hier ausgeglichen.

Weil sich alle teilnehmenden Organisationen einig sein müssen, fehlen allzu revolutionäre Konzepte wie etwa das bedingungslose Grundeinkommen. Stattdessen finden sich eher Ideen, die im österreichischen Kontext realisierbar scheinen. Auch seien die Maßnahmen durchwegs auf österreichischer Ebene durchsetzbar, sagt Strickner – von Ausnahmen wie einer Finanztransaktionssteuer oder einer Flugzeugkerosinsteuer abgesehen.

Wer sich durch die 78 Seiten des Budgets arbeitet – die Ausgabe für 2014 liegt bereits vor -, stellt fest: Über weite Strecken fordert das alternative Budget nichts anderes als viele etablierte Wirtschaftsexperten: vor allem eine steuerliche Entlastung der Arbeitseinkommen, der eine höhere Besteuerung von Vermögen gegenüberstehen müsste. Immerhin stammen 57 Prozent des heimischen Steueraufkommens von Löhnen und Sozialversicherungsabgaben sowie weitere 25 von der Umsatzsteuer – und lediglich 14 Prozent kommen von Gewinnen und Vermögen.

Auf der Ausgabenseite im alternativen Budget findet sich wenig Überraschendes: Mithilfe etlicher konkreter Maßnahmen soll etwa Armut bekämpft, Pflege und Kinderbetreuung ausgebaut werden. Beigefügt sind jeweils auch praktische Umsetzungsmöglichkeiten. So weit, so gut – aber die interessantere Frage lautet: Wie könnten all die Projekte finanziert werden?

Hier schlagen die Autoren eine Vermögenssteuer auf Geld, Wertpapiere und Immobilien vor. Ab 500.000 Euro Vermögen würde sie abgestuft 0,25 bis 1,45 Prozent betragen. Einnahmen laut Zukunftsbudget: jährlich 3,5 Milliarden Euro.

Weitere 300 Millionen könnten aus einer Anhebung der Lohnsteuer für Spitzenverdiener von derzeit 50 auf 60 Prozent resultieren. Weitere Maßnahmen wären etwa eine Grundsteuerreform sowie die Besteuerung von Gewinnen, die aus dem Verkauf von Beteiligungen in Stiftungen stammen.

Nächster Brocken: Unternehmen. Hier fordern die Autoren die Anhebung der Körperschaftssteuer, also der Steuer auf Unternehmensgewinne, von derzeit 25 auf 27,5 Prozent – das wäre dann der Durchschnitt in den OECD-Staaten. Mehreinnahmen pro Jahr: rund 500 Millionen. Weiters wird eine Reform der Gruppenbesteuerung angeregt, jener Maßnahme von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, die es Firmengruppen ermöglicht, ausländische Verluste mit Gewinnen im Inland gegenzurechnen. Auch der Rechnungshof bemängelte vergangenes Jahr die durch dieses Steuerprivileg verursachten hohen Kosten und die mangelnden Kontrollmöglichkeiten. Die Regierung hat bereits eine Reform in Angriff genommen – doch die Macher des Zukunftsbudgets schlagen eine noch umfassendere vor.

Zugutekommen sollten diese Veränderungen vor allem Pensionisten und Niedrigverdienern mit bis zu 3400 Euro brutto pro Monat. Diese zahlen in Österreich weitaus höhere Lohnsteuern als im EU-Schnitt. Die Maßnahme könnte per Gutschrift erfolgen, profitieren würden fast fünf Millionen Arbeitnehmer und Pensionisten.

Interessieren all diese Zahlen auch irgendjemanden außerhalb eines kleinen Kreises im NGO- und Gewerkschaftsbereich?“Wir tragen zu einem Bewusstseinswandel bei“, antwortet Strickner. „Und der schlägt sich durchaus auch in der Politik nieder.“ Das zeige sich beispielsweise in Reformen wie der Besteuerung von Zinsgewinnen aus Stiftungsvermögen, die die Regierung im Jahr 2011 beschloss. Oder in der Bankenabgabe aus demselben Jahr. „Die Krise“, sagt Alexandra Strickner, „hat unseren Forderungen Auftrieb gegeben.“

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