Archiv der Kategorie: Das war meine Woche

Glosse: Das war meine Woche

Aus dem profil 36/2019 vom 1. September 2019

Ich berichte heute vom unrühmlichen Ende einer vielversprechenden Geschäftsbeziehung. Die Vorgeschichte dazu gab es kürzlich an dieser Stelle (profil 26, 27/2019 – siehe hier und hier). Sie handelt von einer Griechin mit dem klingenden Namen „Rommel Humberto Chavarria Noguera“, angeblich Analystin bei einer Bank. Die Dame meldete sich per Mail bei mir. In holprigem Google-Translate-Deutsch bot sie mir an, eine Millionenerbschaft einzuheimsen. Der vormalige Besitzer des Geldes, der zufällig den gleichen Namen trage wie ich, sei tragischerweise bei einem Autounfall ums Leben gekommen -ohne Nachkommen zu hinterlassen. Nun könne mich Rommel bei ihrer Bank als Erbe des Vermögens ins Spiel bringen. Man kennt dieses weitverbreitete kriminelle Schema unter der Bezeichnung „Vorschussbetrug“. Im Verlauf der weiteren Korrespondenz hätte mich Rommel gebeten, persönliche Daten und Ausweiskopien zu übersenden -und schließlich: saftige Abwicklungskosten zu überweisen. Und ich? Stieg scheinbar bereitwillig auf alles ein. Meine einzige Bitte: Ich hätte gern kurz mit ihr telefoniert, mailte ich an Rommel; wahlweise könne ich auch für ein Treffen nach Athen fliegen. Immerhin gelte es, den Millionencoup gut vorzubereiten und Vertrauen aufzubauen. Rommel reagierte nicht, sondern wiederholte in ihren E-Mails nur stur die Bitte nach meinen persönlichen Daten (vollständiger Name, Adresse, Beruf, Familienstand, Alter). Daraufhin bat ich erneut, diesmal eindringlicher, um ein Telefonat. Darauf schließlich kam gar keine Rückmeldung mehr. Diese Kriminellen sind auch nicht mehr, was sie einmal waren. J. Gepp

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Glosse: Das war meine Woche

Aus dem profil 31/2019 vom 28.07.2019

Ich berichte heute von einem Lehrstück politischer Kommunikation. Es handelt von ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Der Ex-Kanzler tourte vergangene Woche -während er hierzulande in der sogenannten Reisswolf-Affäre unter Beschuss geriet -durch die USA und verbreitete von dort hübsche Bilder von seinen Besuchen bei Konzern-Managern im Silicon Valley. Doch es sei nicht alles eitel Wonne, warnte Kurz. Es gelte, für die Digitalsteuer zu kämpfen. Diese hat die ÖVP-FPÖ-Regierung vor einigen Monaten beschlossen und möchte sie trotz Koalitionsbruch weiterhin durchziehen. Von der Digitalsteuer müsse er die Tech-Größen im Silicon Valley nun „überzeugen“, sagt Kurz: „Sie stößt nicht auf Gegenliebe und wird nicht positiv gesehen.“ Doch was ist diese heiß umkämpfte Digitalsteuer? Hinter dem großspurigen Schlagwort verbirgt sich lediglich der Plan, die Werbeeinnahmen der Internetkonzerne Facebook und Google künftig einer Werbeabgabe zu unterwerfen -wie sie heute bereits Fernsehsender und Print-Medien bezahlen. Erwartetes Aufkommen: eine Lappalie. Experten rechnen mit ungefähr 15 Millionen Euro im Jahr. Zum Vergleich: Für den letzten Nationalratswahlkampf im Jahr 2017 gaben alle Parteien gemeinsam rund 30 Millionen aus. Für die Bosse aus dem Silicon Valley ist die Frage, ob Österreich diese Digitalsteuer einführt – nun ja, völlig unbedeutend. Aber vielleicht geht es Kurz ja vor allem darum, am Ende seiner Reise nach Hause zu melden, er habe einen mutigen Sieg für Österreichs Interessen errungen. Übrigens soll die Digitalsteuer im September mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ durch das Parlament gehen. Heißt: Knapp vor der Nationalratswahl wird die Digitalsteuer-Orgel noch einmal voll angeworfen.

Joseph Gepp

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Glosse: Das war meine Woche

Aus dem profil 29/2019 vom 14.07.2019

Ich vermute, mein finanzieller Reichtum und meine Vermögenslage haben sich zwischen den Jahren 2017 und 2018 nicht sonderlich verändert. Ganz anders schaut es da mit den Superreichen dieser Erde aus. Das suggerierten zumindest die medialen Schlagzeilen vergangene Woche. „Die Reichen werden ärmer“, las man da. Konkret sinke erstmals seit der internationalen Finanz-und Wirtschaftskrise von vor einem Jahrzehnt die weltweite Anzahl der Dollarmillionäre geringfügig. Und auch jene, die weiterhin Millionäre bleiben, sind mit sinkenden Vermögensständen konfrontiert. Dahinter steckt das zuletzt weltweit schwächelnde Wirtschaftswachstum. Manch Aktienportfolio entwickelte sich deshalb nicht ganz so glänzend wie in den Jahren zuvor. Aber keine Sorge – so bald müssen wir uns um unsere armen Reichen keine Sorgen machen. Nicht nur werden Aktienverluste (wie auch -gewinne) erst dann wirklich schlagend, wenn man sie realisiert, also sich von den Aktien trennt. Vermögenseinbußen zum Zeitpunkt kurzfristiger Kursverluste sind also ein Stück weit fiktiv und können sich jederzeit wieder ändern. Genau an dieser Änderung arbeiten bereits die Zentralbanken aller Welt. Sie begegnen der aktuellen Konjunkturschwäche mit einer erneuten Forcierung der Niedrig-und Nullzinspolitik. Es gibt also jede Menge billiges Geld, das die Kurse an den Börsen bald mehr denn je befeuern wird. Die Reichen werden sich angesichts dessen wohl wieder über Vermögenszuwächse freuen dürfen. Ganz im Gegensatz zu den wahren Verlierern im Jahrzehnt seit der Krise in vielen Ländern: den Angehörigen der Mittelschicht und jenen darunter. Joseph Gepp

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Glosse: Das war meine Woche

Aus profil 27/2019 vom 9 vom 30.06.2019

Ich bin weiterhin in regem schriftlichen Kontakt mit der Frau mit dem klingenden Namen „Rommel Humberto Chavarria Noguera“. Wie vergangene Woche (profil 26/19) an dieser Stelle berichtet, bietet mir Rommel -in eher holprigem Google-Translate- Deutsch -an, mit ihrer Hilfe eine Erbschaft von 25,5 Millionen Euro einzuheimsen. Wie das? Der Eigentümer dieses Geldes sei tragisch bei einem Autounfall verstorben, die Summe liege nun herrenlos auf dem Konto einer griechischen Bank. Es ist eben jene, bei der Rommel angeblich als „Corporate Analyst“ arbeitet. Ich trüge, so Rommel, den gleichen Nachnamen wie der verstorbene Reiche. Inzwischen haben wir auch schon die genauen Modalitäten geklärt: Wir werden uns das Geld teilen, im Verhältnis 40 zu 60 (Rommel bekommt den größeren Teil). Das Internet-Betrugs-Schema, dessen Opfer ich gerade werden soll, ist wohlbekannt. Es nennt sich „Vorschussbetrug“. Früher oder später wird mich Rommel auffordern, Geld für die administrative Abwicklung der Erbschaft zu überweisen. Außerdem geht es ihr um meine persönlichen Daten und Kopien meiner Ausweisdokumente -derlei lässt sich für viele kriminelle Zwecke gut einsetzen. Tatsächlich: In ihrer dritten E-Mail bittet mich Rommel, ihr meinen vollen Namen samt Adresse, beruflicher Position, Familienstand, Alter und Religion mitzuteilen. „Von größter Bedeutung ist Vertrauen und Transparenz“, doziert sie. Ah ja. Auf ihre Bitte bin ich vorläufig nicht eingegangen. Stattdessen frage ich, ob wir telefonieren oder uns persönlich treffen könnten. Ich sei auch bereit, nach Griechenland zu fliegen. Für 25 Millionen kann man schon mal ins Flugzeug steigen. Fortsetzung? Folgt erneut.

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Glosse: Das war meine Woche

Aus dem profil 26/2019 vom 23.6.2019

Ich berichte Ihnen heute von meiner beginnenden Brieffreundschaft mit einer Frau, die den klingenden Namen „Rommel Humberto Chavarria Noguera“ trägt. Ich bekomme zwar zu viele Mails und muss die meisten aus zeitlichen Gründen gleich wieder löschen. Aber manche fesseln dann doch meine Aufmerksamkeit, wiewohl sie eigentlich sofort in den digitalen Mistkübel wandern müssten.

Zum Beispiel die E-Mail der besagten Frau. Sie stellt sich als Mitarbeiterin einer griechischen Bank vor. Weil die Causa heikel sei, kommuniziert Rommel Humberto über ihre private Mail-Adresse mit mir – vorbei an den offiziellen Kanälen ihres Arbeitgebers. Es sei so: Einer ihrer Kunden, ein vermögender Ausländer, sei tragischerweise samt Familie bei einem Autounfall in Frankreich ums Leben gekommen. Der Mann habe die Kleinigkeit von 25,5 Millionen Euro auf dem griechischen Bankkonto liegen. Und: Er habe für den Fall seines Ablebens keine Angehörigen benannt. „Aufgrund des sensiblen Charakters des Private Banking“ sei diese Praxis durchaus üblich, erklärt Frau Rommel. Nun jedenfalls drohe das herrenlose Geld eingefroren zu werden und nach zehn Jahren an die griechische Regierung zu fallen. „Wenn wir jetzt nicht handeln“, warnt Rommel, „werden die Gelder von korrupten und rücksichtslosen Regierungsbeamten beschlagnahmt.“ Damit komme ich ins Spiel. Ich soll, quasi als guter Europäer, das Geld retten und für meine eigenen Zwecke zur Seite schaffen. Ich müsse nur, schreibt Rommel, bei ihrer Bank einen Antrag auf Herausgabe stellen. Denn: „Sie tragen denselben Nachnamen wie mein verstorbener Mandant.“ Nachdem es sonst „keine bekannten oder identizierbare Familienmitglieder “ gebe, reiche dies, damit „der Erlös an Sie ausbezahlt werden kann, sobald Sie sich an meine Bank wenden“. Um all das in die Wege zu leiten, möge ich mich nur „umgehend“ bei ihr melden. Das habe ich prompt getan. Fortsetzung folgt.

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Glosse: Das war meine Woche

Aus dem profil 23/2019 vom 2.6.2019

Ich denke meist an Arbeitskräftemangel und Steuerbelastung, wenn von Problemen der Tourismusbranche die Rede ist. Es gibt aber auch eine spezielle Herausforderung, die derzeit heiß debattiert wird. Einem Hotelbetreiber auf den Philippinnen ist nämlich der Kragen geplatzt. Der Mann bekommt an die 100 Anfragen monatlich von sogenannten „Influencern“. Diese Leute wollen Gratisübernachtungen und -Verpflegung. Dafür bieten sie an, Texte und Fotos über die Herberge zu posten, zum Beispiel im sozialen Netzwerk Instagram. Der Philippiner dazu: „Geht doch arbeiten!“ Probleme mit Influencern hat offenkundig nicht nur er. Laut „New York Times“ klagen etwa Hoteliers im indonesischen Bali darüber, dass es sich unter Gästen eingebürgert habe, um Rabatte zu feilschen -und im Gegenzug Posts anzubieten. Ein mexikanischer Hotelbetreiber wiederum beschwert sich, dass die Einflussnahme der Influencer zwar tatsächlich neue Gäste anlockt. Aber die sind wieder nur Influencer. Der Philippiner jedenfalls hat nun angekündigt, eine fixe Grenze einzuziehen. Als Influencer gehe man bei ihm künftig nur noch dann durch, wenn man über mehr als eine halbe Million Follower auf Instagram verfügt. Schade für uns Nichtinfluencer. Allerdings bleibt uns noch ein Hintertürchen offen: Mit wenigen Mausklicks lassen sich im Internet gefälschte Instagram-Follower kaufen. Pro Follower koste dies nur nur 0,013 Euro, wirbt etwa eine deutsche Website. Eine halbe Million Follower kämen demnach auf 6500 Euro. Gar keine schlechte Investition für ein Influencer-Dasein im Strandhotel.

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Glosse: Das war meine Woche

Aus profil 18/2019 vom 28.04.2019

Ich bemerke, wie sich die Reisesaison anbahnt. Mein Umfeld beginnt in diesen Wochen allmählich, Urlaubspläne zu schmieden. Wohin dieses Jahr? Wie lang? Wird es auch nicht zu spät, an diesem oder jenem Ort etwas zu reservieren?

Derlei Gedanken machen sich aber bei Weitem nicht alle Leute, wie eine aktuelle Erhebung des Instituts für Freizeitund Tourismusforschung in Wien zeigt. Demnach verreisen 29 Prozent der Österreicher im heurigen Jahr „sicher nicht“. Dahinter stecken vor allem finanzielle Erwägungen. Laut der Erhebung bleiben nämlich hauptsächlich jene zu Hause, die über weniger als 1500 Euro Nettoeinkommen pro Monat und Haushalt verfügen: Stolze zwei Drittel sind es in dieser Gruppe. Genauso hoch ist der Anteil unter denjenigen, die lediglich über einen Pflichtschulabschluss verfügen. Heißt: Im zehntreichsten Land der Welt -auf diesem Platz wird Österreich vom Weltwirtschaftsforum im Schweizer Davos gereiht -kann sich fast jeder Dritte keinen Urlaub leisten. Nicht einmal ein paar Tage. Nicht einmal am Bauernhof in der österreichischen Provinz. Ein durchaus trauriger Befund. Immerhin bedeutet Urlaub für die meisten Menschen nicht bloß verzichtbaren Luxus wie eine teure Uhr oder ein PSstarkes Auto. Man bekommt den Kopf frei von den üblichen Herausforderungen, sieht die Dinge anders als im Alltag, gewinnt an Ideen und Inspirationen. All das spielt’s nicht – für ganze 30 Prozent.

Auffällig an der Erhebung ist noch ein weiterer Aspekt. Der Anteil jener, die nicht auf Urlaub fahren, steigt nicht an. Er stagniert vielmehr seit den 1990er- Jahren. Das bedeutet: Den Österreichern geht es offenbar nicht schlechter als vor zwei Jahrzehnten. Es gab stattdessen immer schon viele Menschen, die sich eine grundlegende Angelegenheit wie eine kurze Urlaubsreise schlicht nicht leisten können. Schade.

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Aus profil 17/2019 vom 19.04.2019

Ich lese, es gibt eine internationale Verständigung auf eine CO2-Abgabe. Das ist zweifellos ein notwendiger Schritt. Auf der Frühjahrstagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds in Washington D. C. haben sich die Finanzminister aus 22 Ländern darauf geeinigt. Erfreulicherweise ist auch Österreichs ÖVP-Minister Hartwig Löger darunter, ebenso wie sein sozialdemokratischer deutscher Amtskollege Olaf Scholz (wenn auch nicht die USA). Das zeigt, dass die Politiker das Problem erkennen. Liest man aber die Nachricht zu Ende, kehrt ein Stück weit Ernüchterung ein. Denn die sogenannte „Klimakoalition“ hat sich bisher eher vage Ziele gesetzt. Man will über eine wirksame Bepreisung von Treibhausgasen zur Verringerung von deren Ausstoß „beraten“, liest man da. Und klimaschädliche Subventionen, etwa in Kraftwerke und den Flugverkehr -weltweit immer noch Billionen Euro -möchte man „überdenken“. Sorry, aber es ist höchst an der Zeit für mehr als nur ein paar Telefonate. Auch wenn dies manch Verschwörungstheoretiker in Abrede stellen: Wasserdichte wissenschaftliche Erkenntnisse -stark steigende Durchschnittstemperaturen, stark zunehmende Konzentrationen von Treibhasgasen in der Atmosphäre -zeigen, dass dringend etwas Wirkungsvolles geschehen muss. Am besten wäre eine Steuer auf jede Tonne CO2, egal woher sie her (Industrie, Verkehr, Haushalte). Damit das gut geht, braucht es Begleitmaßnahmen wie einen Aufbau klimaneutraler Verkehrssysteme und finanzielle Unterstützung für arme Haushalte, damit sie die Last der CO2-Steuer nicht voll abbekommen. Es gäbe also Großes zu tun für die Klimakoalition. Jetzt muss sie nur noch anfangen.

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Glosse: Das war meine Woche

Aus profil 09/2019 vom 24.02.2019

Ich mache ungern Witze über die Titelsucht, die angeblich in Österreich grassiert. Das kommt mir vor wie ein altes und langweiliges Klischee. Manchmal jedoch schlägt die Wirklichkeit selbst abgeschmackte Vorurteile.

So wie kürzlich im Wirtschaftsministerium von Margarete Schramböck (ÖVP). Dort wurden „Persönlichkeiten der heimischen Wirtschaft für ihre Verdienste“ auszeichnet. Konkret verliehen: zwei Große Silberne Ehrenzeichen, zwei Goldene Ehrenzeichen, zwei (normale) Silberne Ehrenzeichen, ein Goldenes Verdienstzeichen, einmal der Berufstitel „Baurat honoris causa“, einmal „Technischer Rat“ und einmal schlichtweg „Dank und Anerkennung“.

Unter den Preisträgern finden sich unter anderem Josef Dietrich (Präsident der Börse für landwirtschaftliche Produkte), Gerhard Schösswender (Salzburger Möbelunternehmer) und Herbert Tree (Chef einer nach ihm benannten Beteiligungsgesellschaft). Die anderen Preisträger auch noch aufzuzählen, würde den Rahmen dieser Rubrik sprengen.

Entscheidend: Unter ihnen findet sich keine einzige Frau. Besonders eindrücklich vor Augen geführt bekommt man das auf dem Foto von der Verleihung. Mittig Schramböck. Links, rechts je fünf Männer.

Schon klar, Frauen sind in wirtschaftlichen Führungspositionen immer noch stark unterrepräsentiert. Die Ursachen sind vielschichtig, sie reichen von immer gleichen Männernetzwerken bis zu starren Geschlechterrollen, die teils bis in die Schulzeit zurückreichen (siehe auch Interview unten). Würde man also bei Preisverleihungen brav halbe-halbe simulieren, würde das nicht der Realität gerecht, sondern wäre Verzerrung und Schönfärberei.

Dass Männer bei derlei Auszeichnungsreigen häufiger als Frauen zum Zug kommen, ist also ein Stück weit verständlich. Allerdings: Musste sich unter ganzen zehn Preisträgern tatsächlich keine einzige Frau finden? Diesbezüglich sticht Schramböcks titelfreudige Verleihung doch hervor.

Joseph Gepp

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Glosse: Das war meine Woche

Aus dem profil 05/2019 vom 27.01.2019

Ich verfolge interessiert die Nachrichten aus Luxemburg. Dort wird die Benutzung von Zügen, Bussen und Straßenbahnen ab 2020 gratis sein. Der Autoverkehr ist ein Hauptverursacher des Klimawandels. Im Gegensatz zu Sektoren wie der Industrie steigen die CO2 Emissionen aus dem Verkehr rasant. Wäre also ein Schritt wie in Luxemburg auch für Österreich zu empfehlen? Zum Beispiel in Wien? Laut Wiener Linien kostet der Betrieb der öffentlichen Verkehrsmittel die Hauptstadt jährlich rund 800 Millionen Euro. Ungefähr 40 Prozent davon, mehr als 300 Millionen, kommen aus den Steuermitteln der Stadt. Den größeren Rest, rund 500 Millionen, bringen die Wiener Linien selbst auf, großteils aus Ticketverkäufen. Besagte 500 Millionen müsste also das Rathaus stemmen, wollte es die Öffis gratis anbieten. Das entspräche rund einem Dreißigstel der jährlichen Gesamtausgaben der Stadt Wien. Es ist also prinzipiell leistbar. Aber ist es auch vernünftig? Würden Öffis gänzlich aus Steuermitteln finanziert, gäbe es wohl Jahr für Jahr eine hitzige Debatte. Wie viel Steuergeld für Gratis-Öffis darf sein? Wo liegen Sparpotenziale? Für Politiker wären die Gratis-Öffis ein vielversprechender Reibebaum. Egal ob es ihnen um ausgeglichene Budgetzahlen oder doch eher um die Stimmen der Autofahrer geht: Hier ließe sich viel gewinnen. Das Budget der Gratis-Öffis wäre also für etwaige Senkungsgelüste anfälliger als momentan, wo sich die Verkehrsbetriebe zu mehr als der Hälfte selbst finanzieren. Es zu senken hieße aber: weniger Qualität, mangelnder Ausbau -und am Ende kehren die Wiener trotz Gratis-Öffis zum Auto zurück. Aktionen wie in Luxemburg klingen gut, aber Wiens rot-grüne Stadtregierung hat sich wohl zur besseren Strategie entschlossen. Die Öffis dürfen ruhig ein bisschen etwas kosten, nur besonders viel sollte es nicht sein.

Joseph Gepp

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