21. Januar 2013 · 21:00
Aus dem FALTER 3/13
Pro Wehrpflicht stimmen? Oder doch lieber für ein Berufsheer? Erst gar nicht hingehen? Oder hingehen und ungültig wählen? 15 Experten geben Rat
Zusammenstellung: Joseph Gepp, Nina Horaczek
Willi Resetarits
Der Sänger war 1967 Panzergrenadier und wurde in den 1990er-Jahren wegen Aufrufs zur Wehrdienstverweigerung verurteilt
Ich bin tendenziell für die Abschaffung des Wehrdienstes. Meine Bundesheerzeit war erniedrigend und von inkompetentem Personal geprägt. Ich höre auch heute von jungen Leuten, dass sie erst beim Heer richtig saufen gelernt haben.
Schade finde ich, wie die Debatte um den Zivildienst geführt wird. Viele junge Männer in meiner Verwandtschaft, die in einer Sozialeinrichtung Zivildienst geleistet haben, sagen, dass das für sie eine sehr bereichernde Erfahrung war. Da ärgert es mich besonders, dass jetzt ausgerechnet die ÖVP, die immer darauf geschaut hat, dass der Zivildienst viel strenger ist, um angebliche Drückeberger zu bestrafen, sich jetzt als dessen Retterin geriert.
Es war übrigens ein historisches Missverständnis, dass ich zur Wehrdienstverweigerung aufgerufen hätte. Weil die Justiz damals eine Redakteurin, die einen Artikel pro Wehrdienstverweigerung geschrieben hatte, mit einer hohen Geldstrafe bedrohte, habe ich mich mit ihrem Artikel solidarisiert. Ich bin für Meinungsfreiheit eingetreten. Aber der Richter hat das nicht verstanden.
Walter Manoschek
Der Politologe an der Universität Wien ist Experte für die Verbrechen der Wehrmacht und präsentierte zuletzt auf der Viennale seine Dokumentation „Dann bin ich ja ein Mörder“
Vorab: Irgendwie fühlt man sich als Bürger schon verschaukelt. Wenn Wiens Bürgermeister Michael Häupl und der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll ein Wahlkampfthema brauchen, wird die Bevölkerung zu einer Volksbefragung aufgerufen. Flugs ändert der Verteidigungsminister seine „in Stein gemeißelte“ Meinung um 180 Grad und die ÖVP wird zur Verfechterin der allgemeinen Wehrpflicht. Der ÖVP-Chef Michael Spindelegger meint zwar, dass beim Bundesheer vieles verändert werden muss, nur sagt er uns nicht, was das denn sein solle. Und allesamt fürchten sie, dass das so offensichtlich aus dem Hut gezauberte Thema keine Wählerinnen und Wähler zu den Urnen locken werde. Und doch ist das Thema wichtig – zu wichtig, um nur als Wahlkampfgag herzuhalten. Für die SPÖ war bis vor kurzem die Wehrpflicht nach den Erfahrungen vom Februar 1934, als ein Berufsheer den Karl-Marx-Hof mit Artillerie beschoss, sakrosankt; und die ÖVP liebäugelte immer wieder mit einem Berufsheer, ließ aber dann doch die Finger davon. All das wird plötzlich zu Makulatur.
Ich werde trotzdem meine Stimme abgeben. Für ein Berufsheer. Damit nicht weiterhin jährlich tausenden jungen Männern ein halbes Jahr gestohlen wird, um sich von Vorgesetzten schikanieren zu lassen oder als „Systemerhalter“ Deppenarbeit verrichten zu müssen. Meine Meinung steht am 20. Jänner leider nicht zur Disposition: das Bundesheer abzuschaffen.
Barbara Coudenhove-Kalergi
Die Publizistin musste als Kind die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erleben und berichtete während des Kalten Krieges für den ORF aus Osteuropa
Ich stimme für ein Berufsheer. Einer meiner Neffen sagte mir, als Systemerhalter beim Bundesheer habe er nur gelernt, wie man für eine Arbeit statt einer Stunde vier Stunden brauchen kann. Außerdem misstraue ich österreichischen Sonderwegen. Wenn praktisch ganz Europa Profiheere hat, glaube ich nicht, dass ausgerechnet wir eine bessere Lösung wissen. Und was die Bedenken in Sachen Rabauken, Waffennarren, Faschisten als Berufssoldaten angeht, so scheinen mir diese übertrieben. Unsere Soldaten bei den diversen Uno-Einsätzen sind alles keine Rekruten und sind offensichtlich ganz in Ordnung. Und der Katastrophenschutz? Die Sozialdienste? Die müssten wir doch wohl hinkriegen, ohne deshalb gleich eine ganze Armee samt Eurofightern zu unterhalten.
Richard Wadani
Der 90-Jährige war Deserteur und Widerstandskämpfer gegen die Nazis und ist heute treibende Kraft hinter der Errichtung eines Denkmals für Deserteure der Wehrmacht
Ich gehe sicher zur Befragung, kann aber weder dem einen noch dem anderen zustimmen, weil die entscheidende Frage nicht zur Disposition steht: das Bundesheer abschaffen. Ich bin ein Gegner der Wehrpflicht, aber auch bei der Option Berufsheer befürwortet man eine bessere Zusammenarbeit mit der Nato, und das ist für mich ein Horror. Die Nato ist auf Aggression ausgerichtet. Damit wird unsere Neutralität weiter untergraben. Die zwei Milliarden, die das Heer kostet, wären gut investiert in einen großzügigen Ausbau der Feuerwehr mit Katastrophenzügen und in Sozialeinrichtungen, die derzeit von Zivildienern betreut werden. Deswegen werde ich ungültig wählen.
Christian Ortner
Der Historiker und Oberstleutnant ist seit 2005 Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums
Ich bin noch unentschlossen. Beide Seiten haben meiner Ansicht nach bisher nur wenige Details kundgetan, wie das zukünftige Bundesheer im neuen oder alten System konkret aussehen soll. Ich spreche hier etwa von der Struktur des Heeres oder der zukünftigen Bedeutung einzelner Waffengattungen. Ich hoffe, dass die Debatte bis zur Volksbefragung noch sachlichere Züge annehmen wird. Bisher wird sie mir zu emotional geführt, und in fast jedem Argument findet sich bei genauerer Betrachtung der eine oder andere Widerspruch. Eine wichtige offene Frage ist zum Beispiel jene nach der Ausrichtung der Einsatzkräfte in einem möglichen Berufsheer: Werden die Hightech-Bereiche verstärkt, was natürlich mit einem höheren Investitionsbedarf verbunden ist, oder bleiben die klassischen Sparten wie Infanterie oder mechanisierte Truppe im Vordergrund? Die zukünftigen Aufgabenbereiche sind zwar schon in der Sicherheitsdoktrin thematisiert – aber in vielen Bereichen blieb man doch recht vage. Bei einer so wichtigen Entscheidung wie Wehrpflicht oder Berufsheer müsste man vorerst ganz genau klarstellen, was man sich von einem zukünftigen Bundesheer eigentlich erwartet.
Barbara Blaha
Die frühere ÖH-Vorsitzende trat 2007 aus Protest aus der SPÖ aus und leitet heute den Momentum-Kongress. Sie engagiert sich auf der Plattform http://berufsheer.diefakten.at
Sicherheit hat viele Dimensionen. Eine militärische Bedrohung Österreichs existiert nicht – da sind sich alle Experten einig. Hingegen ist die soziale Sicherheit von etwa einer Million Menschen im Land akut gefährdet. Politisch Mut beweisen würde, wer dieser Erkenntnis Taten folgen ließe, das Bundesheer abschaffte und das Geld verwendete, um das Leben besser zu machen statt das Sterben effektiver.
Weil man uns danach aber nicht fragt, bleibt nur die Wahl des kleineren Übels – und das ist eindeutig die Wehrpflicht. Das vorgeschlagene Berufsheermodell verursacht enorme zusätzliche Kosten. Es macht militärisch nur Sinn, wenn man sich an künftigen europäischen Interventionskriegen beteiligen will und ist demokratiepolitisch keineswegs unproblematisch, wie nicht nur die eigene Geschichte, sondern auch die Erfahrungen mit Rechtsextremen in nahezu allen europäischen „Profi“-Armeen zeigen. Die Wehrpflicht ist eine Form der Naturalsteuer, stimmt. Aber unterm Strich ist sie billiger, friedlicher und demokratischer.
Wolfgang Ambros
Der Sänger schuf 1973 mit dem Lied „Tagwache“ („Jojo in Zivü, do war er net vü, owa beim Militär do is er wer“) die inoffizielle Hymne aller geschundenen Grundwehrdiener
Zu meiner Zeit gab es noch keinen Zivildienst, der wurde erst später eingeführt, und alle, die sich dann darum bewarben, wurden als Schlappschwänze und Weicheier beschimpft. Und jetzt, auf einmal, ist der Zivildienst das große Argument für die Beibehaltung der Wehrpflicht? Ich bitte sehr um Verständnis, dass ich das alles nicht verstehe. Was, bitte schön, war denn vorher?
Ich bin Anfang 1952 geboren, da war der Krieg zwar vorbei, aber wir waren von Russen besetzt, und von dem, was meine Mutter mir erzählt, war das noch schlimmer als vorher – aber da gab es kein Bundesheer und auch sonst niemanden, der uns irgendwie beschützt hätte.
Die Wehrpflicht dient ausschließlich der Erhaltung eines völlig überkommenen Systems, das nur einer gewissen Kaste von höchst- bis niederrangigen „Berufssoldaten“ (denn was sind Unter- und Oberoffiziere und natürlich Generäle sonst?) weiterhin ihr bequemes Leben sichert. Die wären ja sonst ratzfatz weg vom Fenster – und das ist in Österreich völlig undenkbar. Ich mache mir daher nicht die geringsten Illusionen, was den Ausgang der Volksbefragung angeht, weil ich meine geliebten Landsleute sehr gut kenne und weil ich weiß, dass Veränderungen sie in aller Regel nur verunsichern. Trotzdem, ich werde zur Abstimmung gehen. Tagwache!
Gudrun Biffl
Die Wirtschaftsforscherin beschäftigt sich an der Donau-Uni Krems mit den Themen Migration, Integration, Sicherheit und Globalisierung
Als Ökonomin schaue ich mir die Ratio hinter der Frage an. Meine Antwort ist klar: In einer hochentwickelten Gesellschaft wie der unseren befürworte ich die Umstellung auf ein Berufsheer. Anders würde ich argumentieren, wäre Österreich ein Entwicklungsland. Doch dass die Wehrpflicht eine volksbildende Funktion erfüllt, ist heute nicht mehr notwendig. Stattdessen wird eine Altersgruppe zu einer Tätigkeit verpflichtet, die sie im späteren Berufsleben kaum nutzen kann, was individuell und makroökonomisch wenig Sinn macht. Auch begrüße ich das Konzept des „sozialen Jahres“, wie es derzeit – im Fall der Abschaffung der Wehrpflicht – vorgesehen ist: Es bringt Menschen in den Zukunftsarbeitsmarkt Pflege und Gesundheit und setzt zudem an der Schnittstelle zwischen Ausbildung und Beruf an. Außerdem wäre die Umstellung vergleichsweise kostengünstig, weil mit der derzeitigen Zivildienstagentur ja bereits eine Infrastruktur zur Verfügung steht.
Renate Partei
War in der Friedensbewegung aktiv und ist heute AK-Rätin der Alternativen und Grünen GewerkschafterInnen in Niederösterreich
Der 20. Jänner ist für mich der Tag, an dem die Wehrpflicht abgeschafft werden muss. Ich war nie für ein Berufsheer, ganz im Gegenteil. Ich bin Pazifistin. Die Nazis haben meinen Großvater im KZ ermordet, weil er Kärntner Slowene und gegen den Krieg war, und ich wurde in der Friedensbewegung politisiert. Es ist sicher nicht so, dass ich für ein Berufsheer stimmen will. Aber das ist die einzige Möglichkeit, diesen furchtbaren Zwangsdienst – und genau das sind Wehr- und Zivildienst – abzuschaffen. Außerdem kann die Einführung eines freiwilligen sozialen Jahres zur Verbesserung der Gehälter im Sozialbereich führen. Denn momentan verdienen viele Leute im sozialen Dienst weniger als die 1400 Euro im Monat, die es beim freiwilligen Sozialdienst geben soll.
Verena Knaus
Die Sozialwissenschaftlerin verbrachte für den Think Tank ESI (European Stability Initiative) viele Jahre auf dem Balkan und arbeitet heute in Brüssel für die Unicef
Ich stimme für die Abschaffung der Wehrpflicht. Aus sicherheitspolitischen Gründen ist ein professionelles Berufsheer der alten stehenden Armee in jedem Fall vorzuziehen. Es ist besser international einsetzbar, auch im Rahmen eines möglichen gesamteuropäischen Heeres. Ich glaube auch, dass ein modernes Berufsheer die Werte der Menschenrechte und der Friedenssicherung besser vertreten kann als Präsenzdiener im Rahmen einer allgemeinen Wehrpflicht. Allerdings wird die Frage der Rekrutierung beim Berufsheer eine wichtige sein: Man muss auf Diversifizierung achten. Idealerweise soll die Zusammensetzung des Berufsheers ein Spiegelbild der Bevölkerung sein. Migranten oder etwa Schwule und Lesben müssen in der Berufsarmee eines modernen Landes genauso vertreten sein wie alle anderen.
Simon Inou
Der Journalist kam 1995 als Flüchtling aus seinem Heimatland Kamerun nach Österreich und ist heute österreichischer Staatsbürger
Österreichs erste Volksbefragung wäre für mich die allererste Gelegenheit gewesen, wählen zu dürfen. Politiker beider Parteien sollten sich wirklich schämen, dass ein Thema, das die nationale Sicherheit unseres Landes betrifft, nicht sachlich, sondern nur emotional diskutiert wird. Es fehlt der Bundesregierung eine sicherheitspolitische Vision, das ist in der aktuellen Diskussion klar sichtbar geworden.
Auf der einen Seite würde ich stark für eine Berufsarmee plädieren, da „klassische“ Kriege zwischen Staaten in Europa heutzutage nicht mehr geführt werden. Internationale Einsätze sollten Profis überlassen werden. Der österreichische Einsatz im zentralafrikanischen Tschad wurde mit Beteiligung der in Wiener Neustadt beheimateten Elitetruppe Jagdkommando durchgeführt. Außerdem sollten junge Männer nicht gezwungen werden, einem Heer beizutreten, sondern sich freiwillig dafür entscheiden.
Auf der anderen Seite wissen wir auch, dass, wenn die Wehrpflicht fällt, auch der Zivildienst stirbt. Wie wird sich das auf die Krankentransporte, Krankenhäuser, Vereine, Altenheime, Rettungsdienste oder die Betreuung von Behinderten auswirken? Das freiwillige soziale Jahr beantwortet diese Frage nicht.
Obwohl der 20. Jänner 2013 für mich ein historischer Tag gewesen wäre, werde ich leider nicht wählen gehen. Die Sicherheit unseres Landes ist kein Ping-Pong-Spiel, sondern ein entscheidendes Thema, das sachlich geführt und auf der Grundlage von Informationen diskutiert und entschieden werden muss.
Anton Mattle
Der ÖVP-Politiker ist seit 16 Jahren Bürgermeister von Galtür in Tirol, das 1999 nach einem der schwersten Lawinenunglücke des Landes vom Bundesheer evakuiert werden musste
Ich spreche mich eindeutig für den Erhalt der Wehrpflicht aus. Als in Galtür die Lawine niederging, haben wir erfahren, wie uns das österreichische Bundesheer geholfen hat. Der Lawinenzug der Kaserne Landeck leistete Soforthilfe. Danach blieben die Soldaten noch drei Monate, auch als der Medientross längst weg war. Sie halfen, den zerstörten Ort wieder aufzubauen und gaben uns das Gefühl, nicht alleine zu sein. Ich wünsche jeder Gemeinde, dass sie im Katastrophenfall jene Hilfe erfährt, die wir damals erfahren haben. Und im Jahr 2005, als es im Tal Hochwasser gab, waren erneut 3000 von 3500 helfenden Soldaten Präsenzdiener.
Natürlich würden auch Berufssoldaten Hilfe leisten, keine Frage. Aber ich zweifle daran, dass sie monatelang bleiben würden. Zudem stelle ich es mir schwierig vor, Berufssoldaten zu gewinnen, wenn vor ihnen die Aussicht liegt, dass sie beispielsweise monatelang in Kellern Schlamm schaufeln.
Wolfgang Murnberger
Der Filmemacher ist Drehbuchautor und Regisseur des Spielfilms „Ich gelobe“, der 1994 äußerst erfolgreich in den österreichischen Kinos lief
Der Wehrzwang ist ein Relikt aus Zeiten, in denen ich nicht gelebt haben möchte. Dieses Instrument des Staates, durch Zwang Lebenszeit seiner Bürger zu stehlen, muss in einer modernen Gesellschaft abgeschafft werden.
Nach der ersten Truppenübung, bei der ich mit einem kaputten Funkgerät ohne Kontakt zum Rest der Garnison, vier Tage und Nächte im Wald saß, während mir der (echte) Feind unbemerkt Blut aus den Adern saugte (Zecken!), hatte ich die Nase so voll, dass ich mich vor der Zivildienstkommission einfand. Dort wurde befunden, ich sei im Grunde meines Herzens ein guter Soldat und leider auf der Filmakademie in schlechte Kreise geraten. Mein Antrag wurde abgelehnt.
Erst ein Jahr später habe ich es endlich geschafft, das österreichische Bundesheer hinter mir zu lassen. Ich musste noch vier Monate Zivildienst im Kinderdorf Pöttsching leisten. Dort durfte ich erleben, dass der Wehrersatzdienst wenigstens Sinn macht.
„Ich gelobe“ war meine persönliche Rache am österreichischen Bundesheer und was mich stolz machte, war, dass die FPÖ dem Film bei einer parlamentarischen Anfrage „Wehrzersetzung“ vorwarf. Ich gestehe: volle Absicht!
Isabella Riedl
Die Geschichtsstudentin leistete ein freiwilliges soziales Jahr im KZ Auschwitz und ist heute Geschäftsführerin des Vereins „Gedenkdienst“, der Zivildiener und Freiwillige an Orte des Holocaust-Gedenkens vermittelt
Noch habe ich nicht entschieden, wie ich bei der Volksbefragung abstimmen werde. Sehr vielen Bürgerinnen und Bürgern geht es sicher ähnlich. Mir haben im Zuge der Wehrpflichtdebatte eine breitere öffentliche Diskussion um das Thema sowie konkrete Vorschläge für die Verwirklichung beziehungsweise Reformierung der beiden Modelle gefehlt. Mein großer Wunsch ist, dass in Zukunft Männern und Frauen zu den gleichen Konditionen ein freiwilliges soziales Jahr ermöglicht wird, das finanziell ausreichend abgesichert ist. Ich habe vor zwei Jahren selbst ein Jahr lang als Freiwillige im Rahmen eines Gedenkdiensts in Oświęcim/Auschwitz gearbeitet. Während dieser Zeit konnte ich sehr viele wertvolle Erfahrungen in verschiedenen Arbeitsbereichen sammeln. Aus diesem Grund hoffe ich sehr, dass die Möglichkeit auf ein solch bereicherndes Jahr auch in Zukunft für junge Menschen bestehen wird.
Robert Lichal
Der ÖVP-Politiker war von 1987 bis 1990 Verteidigungsminister und gilt als Architekt des österreichischen Milizsystems
Ich plädiere zur Gänze für die Aufrechterhaltung der allgemeinen Wehrpflicht. Sie ist das beste System für Österreich. Denn ein Berufsheer hat es an sich, dass es in Friedenszeiten zu groß und im Kriegsfall zu klein gerät. Bei einem Bundesheer mit Milizcharakter hingegen kann man jederzeit genug Soldaten einberufen, die auf Abruf bereit stehen, wenn man sie braucht. Im Notfall sind keine Spezialisten gefragt, sondern kräftige junge Männer. Sie müssen ein Gewehr laden, eine Schaufel halten und einen Sandsack schleppen können. Natürlich benötigt man überdies auch Experten im Heer – aber die gibt es ja, sie sind heute schon Berufssoldaten. Österreich verfügt über ein Mischsystem aus Berufssoldaten, Grundwehrdienern, Zeit- und Milizsoldaten. Das ist genau das, was ein neutrales Land mit einer Topografie wie der unseren braucht.