Monatsarchiv: Juni 2019

Weitertraben

Aus dem profil 22/2019 vom 26.05.2019

Es ist eine mysteriöse Geschichte. Wie profil vergangenen Sommer berichtete, hat die Gemeinde Wien die traditionsreiche Trabrennbahn Krieau im Prater – stillschweigend – an ein Privatunternehmen verkauft. Der Käufer ist die Viertel Zwei GmbH, hinter welcher der Wiener Immobilienentwickler Michael Griesmayr steht. Wie profil ebenfalls berichtete, trug sich das Unternehmen mit Plänen, die Rennbahn zu verbauen. Der Wiener Trabrennverein, der derzeit als unbefristeter Pächter die Sportstätte betreibt, müsste dafür an einen anderen Ort übersiedeln. Der heutige SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig wurde bereits als Wohnbaustadtrat im Jahr 2016 in die umstrittenen Absichten der Viertel Zwei eingeweiht. Heißt: Ein großes Stück des Grünen Praters würde mit Wohnungen und Büros verbaut.

Nun jedoch hat das Rathaus offenbar einen anderen Weg eingeschlagen. „Die Trabrennbahn bleibt erhalten -und zwar an diesem Ort“, sagt Wiens SPÖ-Sportstadtrat Peter Hacker, der für die Rennbahn zuständig ist, gegenüber profil. Heißt: Eine etwaige Übersiedlung der Rennbahn an einen anderen Ort – und darauffolgend eine Bebauung des Geländes – dürfte vorerst vom Tisch sein.

Nicht rückgängig machen lässt sich allerdings die Privatisierung des Areals. Eigentümer der Rennbahn bleibt die private Viertel Zwei. Sie dürfte allerdings mit ihrem Besitz nicht viel anfangen können, bleibt er doch langfristig an den Trabrennverein verpachtet. Auf absehbare Zeit dürfte es im Prater weiterhin heißen: hü, hott!

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Eingeordnet unter Das Rote Wien, Stadtplanung

Spende gut, alles gut?

Aus dem profil 22/2019 vom 19.05.2019

Im Fahrwasser der Aufregung um FPÖ-nahe Vereine ist auch die ÖVP in die Kritik geraten.

Von Joseph Gepp und Jakob Winter

Ein Verein sammelt Geld von reichen Spendern. Damit werden Ausgaben für eine politische Partei bestritten. Der Rechnungshof, der Parteispenden kontrollieren müsste, weiß nichts von der Existenz des Vereins. Das ist das mutmaßliche Muster der verschleierten Parteienfinanzierung à la Ibiza. Mittlerweile sind tatsächlich dubiose FPÖ-Vereine samt Zahlungen aufgetaucht. Doch wie steht es um die anderen Parteien? Vor allem die ÖVP ist in den vergangenen Tagen in die Kritik geraten. Schon im Nationalratswahlkampf 2017 gab sie mit 13 Millionen Euro mehr als doppelt so viel aus, als laut Parteiengesetz zulässig wäre. Nun tauchen auch im Umfeld der ÖVP Vereine auf. So wird die Website von Kanzleramtsminister und ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel von einem „Verein zur Förderung bürgerlicher Politik“ betrieben, der als Herausgeber angegeben ist. Sitz laut Impressum: die ÖVP-Zentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse. Kritik muss sich überdies Lukas Mandl gefallen lassen, ÖVP-EU-Abgeordneter. Seine EU-Wahlkampagne wird vom Verein „VSM -Vorzugsstimmen für Lukas Mandl“ finanziert. Wer steht hinter diesen Vereinen und wer sind die Financiers? Das wollen etwa die NEOS wissen. Jedenfalls dürften die Vereine von Blümel und Mandl nur einen kleinen Ausschnitt darstellen. Wie ein Blick in die Transparenz-Datenbank „meineabgeordneten.at“ zeigt, sind fast alle Politiker in Vereinen tätig. Allerdings: Inwiefern tatsächlich Parteienfinanzierung im Spiel sein könnte, lässt sich kaum sagen. Manche Vereine engagieren sich ganz regulär für einen bestimmten Zweck, sei es das lokale Jugendzentrum, sei es ein Blumenzüchterklub. Andere existieren umgekehrt ganz im Geheimen, so wie die FPÖ-Vereine. Eine dritte Kategorie von Vereinen schließlich scheint zwar offen auf, etwa auf den Websites von Politikern -allerdings erschließt sich deren Zweck kaum. Zu dieser Gattung zählen auch die Vereine von Blümel und Mandl.

„Reine Oppositionsshow“, sagt jedenfalls Michael Ulrich, Sprecher der ÖVP Wien über die Kritik an Blümels Verein. Dieser sei schlicht „eine Informationsund Mitmachplattform für Menschen, die die Politik von Blümel gut finden, ohne sich gleich an eine Partei zu binden“. Finanzierung? Ausschließlich vonseiten der ÖVP Wien. Man sammle keine Spenden, sagt Ulrich. Der Verein führe nicht einmal ein eigenes Konto.

Etwas komplizierter wird es bei Lukas Mandl. Dessen 2012 gegründeter Verein mit Sitz in Salzburg sammelt durchaus Spenden. Wie Mandl auf Facebook erläutert, spendeten in den vergangenen zwölf Monaten 22 Personen insgesamt 40.399 Euro an den Verein. Auch im niederösterreichischen Wahlkampf 2013 kamen knapp 4000 Euro Spendengeld zusammen, so Mandls Büro auf profil- Anfrage. Bei anderen Wahlkämpfen, an denen Mandl ebenfalls teilnahm (EU-Wahl 2014, niederösterreichische Gemeinderatswahl 2015), will der Verein wiederum keine Spenden gesammelt haben. Entscheidend: Alle Spenden ab 3570 Euro seien regulär an den Rechnungshof gemeldet worden -ganz wie es das Gesetz vorsieht.

Mandl rechtfertigt die Existenz seines Vereins ähnlich wie Blümel. „Es gibt über die Partei hinaus Menschen, die Mandls Arbeit unterstützen wollen“, so sein Büro. Diese hoffe man mit einem personalisierten Verein gezielt anzusprechen.

Alles sauber also? Selbstverständlich, sagen die Politiker. Das wahre Problem dahinter: Die Angaben lassen sich nicht überprüfen. Man muss Blümel und Mandl -und allen anderen Politikern mit Verein -schlicht glauben, dass sie keine Spenden bekommen oder, falls doch, diese vorschriftsgemäß an den Rechnungshof melden. Das liegt an Österreichs extrem intransparentem System der Parteienfinanzierung.

Ob etwa ein Politiker Spenden tatsächlich meldet, lässt sich kaum feststellen. „Die sogenannten Rechenschaftsberichte, in denen die Parteien ihre Spenden auflisten, erscheinen immer erst zwei Jahre im Nachhinein“, erklärt Mathias Huter, Transparenzaktivist vom „Forum Informationsfreiheit“ in Wien. In den Berichten finden sich lediglich kumulierte Zahlen, also die Gesamtsummen der Spenden. Wenn ein einzelner Politiker behauptet, seine Spende sei inkludiert, lässt sich dies nicht widerlegen. Dazu kommen weitere Lücken. Wahlkampfkosten müssen nicht extra ausgewiesen werden, wie der Politologe Hubert Sickinger von der Universität Wien kritisierte. Bedeutende Teilorganisationen von Parteien, etwa Parlamentsklubs und Akademien, werden überdies nicht von den Regeln zur Parteifinanzierung und Rechnungshofkontrolle umfasst. Vor diesem Hintergrund reagierte Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker vergangene Woche auf die Ibiza-Affäre. Kraker fordert weit mehr Transparenz bei Parteienfinanzierungen – und zwar noch vor der Neuwahl im Herbst. Unter anderem sollen die Prüfer des Rechnungshofs tatsächlich in die Bücher der Parteien blicken dürfen, statt nur Auszüge zu bekommen. Zudem sollen Verstöße mit strafrechtlichen Sanktionen belegt werden. Es wird sich zeigen, ob die Vorschläge im freien Spiel der Kräfte im Parlament eine Chance auf Umsetzung bekommen. Joseph Gepp/Jakob Winter

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Endspiel

Aus dem profil 21/2019 vom 19.05.2019

Wie der Glücksspielkonzern Novomatic AG per Klage gegen eine kritische Grünen-Politikerin vorgeht.

Von
Joseph Gepp

Der Job von Oppositionspolitikern besteht normalerweise darin, ihren Kollegen in der Regierung auf die Finger zu schauen. Quasi als Nebeneffekt stoßen sie dabei aber auch häufig auf die Umtriebe von Unternehmen. Klassisches Beispiel: die Grünen und die Glücksspielbranche. Seit Jahr und Tag kampagnisiert die Kleinpartei für mehr Restriktionen beim sogenannten Kleinen Glücksspiel am Automaten (auch wenn die eigene Parteichefin Eva Glawischnig 2018 öffentlichkeitswirksam zur Novomatic AG wechselte, Österreichs größtem Glücksspielkonzern mit Sitz im niederösterreichischen Gumpoldskirchen). Bei diesem Feldzug gerät auch immer wieder die Novomatic selbst in den Fokus. Eine Angelegenheit, die teuer werden kann, wie eine aktuelle Causa in Niederösterreich zeigt. Dort geht der Konzern gerade mit einer Klage gegen Helga Krismer vor, Landesobfrau der niederösterreichischen Grünen, die sich in ihrer politischen Arbeit immer wieder mit dem Kleinen Glücksspiel auseinandersetzt. Die Vorgeschichte: Im vergangenen Jänner kritisierte Krismer die Einführung eines neuen Lehrgangs an der Donau-Universität Krems, Niederösterreichs einziger Uni. Dort wurde soeben das Programm „Leisure, Entertainment and Gaming Business Management“ gegründet, das sich vornehmlich an Führungskräfte der Glücksspielindustrie richtet. Eine „Grenzüberschreitung“, so Krismer über das „Las- Vegas-Studium“. Immerhin bringe Spielsucht viel Leid und Gewalt hervor; die Donau-Uni wiederum werde mit Steuergeldern gefördert. „Ein derartiger Lehrgang ist nicht im Sinne der Steuerzahler“, sagte Krismer im profil (5/2019).“Wenn Konzerne wie beispielsweise die Novomatic AG Schulungen ihrer Mitarbeiter benötigten, dann mögen sie dies ohne Steuergeld selbst organisieren.“ Grund genug zu klagen. Die Aussage sei „geeignet, unser Ansehen und unseren wirtschaftlichen Ruf zu gefährden“, argumentiert der Wiener Anwalt Peter Zöchbauer für die Novomatic in seiner Klagsschrift. Die Vorwürfe: Ehrenbeleidigung und Kreditschädigung. Krismer unterstelle, dass „wir unsere Mitarbeiter auf Kosten der Steuerzahler schulen lassen“. Dafür soll die Grünenpolitikerin nun unter anderem die Kosten des Rechtsstreits tragen müssen und ihre Aussage in einem Inserat im profil öffentlich widerrufen. Klagen und Klagsdrohungen durch Unternehmen, das ist demokratiepolitisch eine heikle Angelegenheit. Zwar müssen sich Konzerne wehren können, wenn Politiker Lügen über sie verbreiten. Andererseits: Politiker mit Aufdeckeranspruch – zumal von kleineren Parteien -könnten versucht sein, heikle Causen lieber nicht anzurühren, falls sie die Interessen mächtiger Wirschaftsakteure betreffen. Klagen mit unterschiedlichem Ausgang kassierten in letzter Zeit etwa der Wiener Grünpolitiker David Ellensohn (vom Heumarkt-Investor Michael Tojner), die SPÖ-Abgeordnete Irene Hochstetter-Lackner (vom Pistolenhersteller Glock), Liste-Jetzt-Gründer Peter Pilz (ebenfalls von der Novomatic) und Ex-NEOS-Mandatar Rainer Hable (im Zusammenhang mit Geschäften von Managern der Hypo Alpe Adria).

Im aktuellen Fall verweist die Novomatic darauf, dass die Teilnehmer am Glücksspiel-Lehrgang in Krems hohe Studiengebühren berappen müssen. Bis zu 5000 Euro sind pro Semester fällig. Zu behaupten, dass die Novomatic auf Steuerzahlerkosten schulen lasse, sei daher „unwahr und herabsetzend“, sagt Novomatic- Sprecher Bernhard Krumpel gegenüber profil.

In der Tat findet der Lehrgang laut Donau-Uni nur statt, wenn die Gebühren der Teilnehmer dessen Kosten zur Gänze abdecken. Allerdings: Als Ganzes bezieht die Donau-Uni durchaus öffentliche Förderungen; rund ein Drittel der Einnahmen stammt laut Rechnungsabschluss aus Steuergeldern. Mit diesen Subventionen werden unter anderem die Fixkosten finanziert, etwa die Gebäude und deren Wartung. Indirekt dürfte dieses Geld auch den einzelnen Programmen -wie dem Glücksspiel-Lehrgang -zugutekommen. Letztlich führt der Konflikt in Detailfragen der Universitätsfinanzierung. Was verspricht sich die Novomatic davon, in einer derart diffizilen Causa per Klage gegen eine Politikerin vorzugehen? Novomatic-Sprecher Krumpel dazu: „Bitte um Verständnis, dass laufende Gerichtsverfahren von uns nicht weiter kommentiert werden.“

Krismer jedenfalls hat, vertreten durch die Wiener Medienanwältin Maria Windhager, gerade ihre Klagebeantwortung eingebracht. Krismers Kritik, heißt es darin, richte sich gar nicht an die Novomatic, sondern „primär an die politisch Verantwortlichen“ des Landes Niederösterreich, welche die Donau-Uni mit Steuergeldern fördern. Und: Das umstrittene Zitat sei „eine politische Meinungsäußerung, die jedenfalls aufgrund der Meinungsfreiheit nach Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention in der öffentlichen politischen Debatte zulässig ist“. Jetzt ist das Landesgericht St. Pölten am Wort.

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Eingeordnet unter Innenpolitik, Unternehmen