Ungleichklang

Aus dem profil 04/2019 vom 20.01.2019

Wer besitzt was und wie verteilen sich die Vermögen in Österreich?


Joseph Gepp

„Die Verteilung des Nettovermögens in Österreich rangiert unter den ungleichsten in Europa.“ So lautet die zentrale Erkenntnis des aktuellen HFCS-Berichts („Eurosystem Household Finance and Consumption“). Dabei handelt es sich um eine EU-weit standardisierte Umfrage unter einigen Tausend Haushalten pro Land. Die Letztfassung für Österreich wurde vergangene Woche von der heimischen Nationalbank präsentiert (einige Erkenntnisse daraus siehe links und rechts).

Demnach besitzt das reichste Prozent der Österreicher derzeit knapp ein Viertel des Nettovermögens. Die untere Hälfte nennt hingegen nur vier Prozent ihr Eigen, also fast nichts. Immerhin ist die gibt es die HFCS-Erhebungen – nicht noch weiter angewachsen. Vermögensungleichheit in Österreich seit dem Jahr 2010 -seither

Hinter der Ungleichverteilung stecken widersprüchliche Ursachen. Einerseits sind die Vermögen hierzulande vergleichsweise niedrig besteuert -etwa im Gegensatz zu den Löhnen der Beschäftigten. Vor allem von einer Wiedereinführung der Erbschafts-und Schenkungssteuer, die im Jahr 2008 ersatzlos abgeschafft wurde, würden sich Experten mehr Gleichverteilung und eine Entlastung für mittlere und ärmere Haushalte versprechen. Doch daran ist derzeit politisch nicht gedacht.

Andererseits hängt die Ungleichheit auch mit einer prinzipiell positiven Errungenschaft zusammen, dem gut ausgebauten Sozialstaat in Österreich. Seinetwegen müssen die Bürger beispielsweise weniger Geld für private Gesundheitsvorsorge zur Seite legen oder können im Sozialen Wohnbau zur Miete wohnen. Ausgerechnet solche Annehmlichkeiten befördern paradoxerweise die statistisch gemessene Ungleichverteilung.

43 % der befragten Haushalte finden, dass arme Menschen in Österreich durch harte Arbeit zu Reichtum kommen können. Daran glauben jedoch die Reichen viel öfter als die Armen.

45,9 % der Österreicher sind Eigentümer jener Immobilie, in der sie wohnen. Wem seine Wohnung gehört, der zählt fast immer zur oberen Hälfte in der Reichtumsskala.

Zwei Drittel der österreichischen Haushalte besitzen zumindest ein Auto. Durchschnittlicher Wert: 13.000 €.

13,8 %
der Haushalte haben, wenn man Schulden mitberücksichtigt, überhaupt kein Vermögen.

267.000 €
besitzt der durchschnittliche österreichische Haushalt an Nettovermögen. Diese Zahl inkludiert Bargeld und Bankkonten ebenso wie den Wert von Immobilien und Autos, abzüglich der Schulden.

7 % der österreichischen Haushalte haben privat Geld verliehen. Durchschnittliche Summe: 9000 Euro.

67,3 %
der heimischen Haushalte sind schuldenfrei. Die Durchschnittshöhe bei jenen, die Schulden haben, beträgt 57.000 €.

4 %
der Haushalte halten Aktien oder Anleihen.

46 % wünschen sich eine Vermögenssteuer, aber nur

20 % eine Erbschaftssteuer. Dabei werden die beiden Begriffe in der politischen Debatte meist synonym verwendet (in Wahrheit gibt es zwar Unterschiede, aber diese dürften den Befragten kaum bewusst sein).

Keine Superreichen, also x-fache Millionäre oder Milliardäre, sind in der HFCS-Befragung inkludiert. Warum nicht? Dass sich unter wenigen Tausend Befragten ein Superreicher findet, ist höchst unwahrscheinlich. Aufgrund dieser methodischen Unschärfe dürfte die heimische Vermögensungleichheit in Wahrheit noch größer ist, als die HFCS-Erhebung ergibt.

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