Aus profil 15/2018
Alles Unsinn, antwortet das Kanzleramt sinngemäß auf den letztwöchigen profil-Bericht über 20 versteckte Zusatzmillionen im Budget. Tatsächlich?
Von
Joseph Gepp
Eine E-Mail. Ein Anruf. Noch eine E-Mail. Vergangene Woche hätte profil vom Bundeskanzleramt (BKA) gern eine Stellungnahme bekommen. Es geht um Vorwürfe, dass ÖVP-Kanzler Kurz aus dem aktuellen Budget 20 Millionen verstecktes Extrageld zugewiesen bekomme (siehe hier). Das BKA allerdings war für profil nicht erreichbar. Der Vorwurf im Detail: Bereits seit einigen Jahren fördert das BKA Digitalisierungsprojekte mit jährlich 20 Millionen Euro. Mit Antritt der neuen Regierung 2018 jedoch wanderte die Zuständigkeit für Digitalisierung an ÖVP-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck. Demnach verfügt Schramböck heute über die 20 Millionen. Allerdings: Laut internen Budgetunterlagen wurde die Summe zwar an Schramböck transferiert, doch zugleich beim BKA niemals abgebucht. Die 20 Millionen verblieben bei Kurz – möglicherweise als undeklariertes Extrageld. Das BKA nahm dazu erst Stellung, als der profil-Artikel bereits erschienen war. Gegenüber der „Austria Presse Agentur“ (APA) hieß es sinngemäß, der Vorwurf sei Unsinn. „Es handelt sich vielmehr um eine nachvollziehbare, darstellbare und vor allem faktenbasierte Budgetierung für den Bereich Digitalisierung“, so die Chefin der Präsidialsektion des BKA, Nicole Bayer. Die 20 Millionen sind also laut BKA zwar durchaus bei Kurz verblieben, aber das Geld kommt eben weiterhin ganz ordnungsgemäß Digitalisierungsmaßnahmen zugute. Was ja zulässig wäre.
Bayer stützt ihre Argumentation auf eine Passage im Teilheft des Budgetvoranschlags 2018, der sich speziell mit dem Bundeskanzleramt befasst. Als ein Vorhaben darin ist der „Ausbau der Digitalisierung bei Services des Bundeskanzleramts“ genannt. Allerdings handelt es sich bei diesem Satz vor allem um ein rhetorisches Bekenntnis. Nirgendwo im Budget des BKA findet sich ein Hinweis darauf, dass zur Erreichung dieses Ziels tatsächlich konkrete Geldsummen veranschlagt wären.Was echte Geldflüsse betrifft, ist das sogenannte „Verzeichnis veranschlagter Konten“ aussagekräftiger, ebenfalls ein Teildokument im Kanzlerbudget. Hier findet sich aufgezählt, welche Summen konkret in welche Projekte fließen. Hier müssten auch die 20 Millionen aufscheinen – sofern sie wirklich immer noch der Digitalisierung zugute kommen.
Tatsächlich finden sich in diesem Dokument vier Positionen, die sich auf die Digitalisierungsförderung beziehen. Aus ihnen geht hervor, dass zwar im Vorjahr noch insgesamt 20 Millionen an Fördergeld verbucht wurden. Was das heurige Jahr 2018 betrifft, sind jedoch die Kästchen in der Tabelle leer. Heißt: 2017 floss die Digitalisierungsförderung noch, 2018 nicht mehr.
Daraus ergeben sich schwerwiegende Fragen. Das BKA hat ja selbst eingeräumt, dass das Geld bei Sebastian Kurz verblieben ist. Warum steht es dann nicht mehr in dieser Liste? Wo im Budget -wenn nicht hier -finden sich die 20 Millionen, mit denen angeblich immer noch Digitalisierung gefördert wird?
profil richtete diesbezüglich eine schriftliche Anfrage an die Sprecher des Bundeskanzlers. Wo genau im Budget des BKA, so die Frage, finden sich – konkret und als Zahl – jene 20 Millionen Euro verbucht, die angeblich weiterhin der Förderung von Digitalisierungsmaßnahmen dienen?
Antwort: keine.
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