Aus profil 12/2016
Rumäniens Umweltministerin Cristiana Pașca Palmer über bedrohte Urwälder, strengere Waldgesetze und die Ermittlungen gegen den österreichischen Holzkonzern Schweighofer.
Interview: Joseph Gepp
Seit November 2015 ist Cristiana Pașca Palmer neue Umweltministerin in Rumänien. Die parteifreie Expertin, die unter anderem in Harvard studierte, fungierte zuvor als Leiterin der Umweltschutz-Abteilung bei der Brüsseler EU-Kommission. Im profil-Interview nimmt Pașca Palmer erstmals zum Fall und den Ermittlungen gegen Schweighofer Stellung. Der österreichische Holzkonzern, Marktführer in Rumänien, ist mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Das Unternehmen mit rund einer halben Milliarde Euro Jahresumsatz soll für illegale Schlägerungen in Rumänien verantwortlich sein. Schweighofer weist alle Vorwürfe zurück (siehe profil 10/2016).
profil: Wo stehen die Ermittlungen gegen Schweighofer?
Cristiana Pașca Palmer: Alles begann vergangenes Jahr. Damals gab es Berichte über mögliche Unregelmäßigkeiten bei mehreren Holzverarbeitungsfirmen – unter anderem bei der, die Sie ansprechen. In Rumänien läuft schon länger eine Debatte, wie man das Naturerbe des Landes bewahren könnte. Das Land ist zwar berühmt für seine großen Wälder und unberührten Urwälder, aber in den vergangenen Jahren ist das alles in Gefahr geraten. Medien und Nichtregierungsorganisationen aus dem In- und Ausland haben kritische Punkte aufgeworfen, was das Management unserer Wälder betrifft. Beim rumänischen Zweig des österreichischen Unternehmens Holzindustrie Schweighofer hat das Ministerium 2015 zahlreiche Überprüfungen an Unternehmensstandorten in Sebeș und Rădăuți durchgeführt, genauso wie an jenen wichtiger Lieferantenfirmen.
profil: Und was ist seither geschehen?

Cristiana Pașca Palmer: „Es wird ermittelt, ob legale Dokumente für Holzmaterial vorlagen – wenn nicht, stammt es aus illegalen Schlägerungen.“
profil: Welches Holz? Was genau sind die Vorwürfe?
Pașca Palmer: Die Umweltministerium überprüfte, ob bei Ursprung, Transport, Lagerung, Verarbeitung, Verkauf und Import des Holzes rechtskonform vorgegangen worden ist. Mehrere Verdachtsmomente haben sich ergeben. Es wird ermittelt, ob legale Dokumente für Holzmaterial vorlagen – wenn nicht, stammt es aus illegalen Schlägerungen. Zudem gibt es den Verdacht, dass Holz akzeptiert worden ist, das nicht im Sumal-System aufscheint (jenes System, in dem das gesamte legale Holz Rumäniens registriert sein muss, Anm.).
profil: Ihre Vorgängerin, Umweltministerin Grațiela Gavrilescu, sprach auch von möglichen Scheinfirmen unter den Schweighofer-Lieferanten, die möglicherweise von Schweighofer selbst kontrolliert worden sind.
Pașca Palmer: Ich kommentiere keine Aussagen, die meine Vorgänger getätigt haben.
profil: Wie groß ist das Problem der illegalen Schlägerungen in Rumänien?
Pașca Palmer: Laut unseren Daten haben sie zwischen 2008 und 2014 stark zugenommen. Die Menge des illegal geschlägerten Holzes beträgt jährlich ungefähr 8,8 Millionen Kubikmeter. Dem rumänischen Staat entgehen dadurch jährlich 250 Millionen Euro. Lassen Sie mich klar sagen: Der Kampf dagegen hat klare Priorität für mich. Die rumänischen Wälder wurden in den vergangenen Jahren dezimiert, das ist nicht akzeptabel.
profil: Um das illegale Schlägern einzudämmen, gibt es seit dem Vorjahr ein neues, strenges Forstgesetz in Rumänien. Es sieht auch vor, dass der Anteil des größten Marktteilnehmers der Holzbranche auf 30 Prozent beschränkt wird. Schweighofer hat protestiert und droht gar mit Klage von einem internationalen Schiedsgericht. Ist die Bestimmung noch aufrecht?
Pașca Palmer: Sie ist in Kraft, als Teil des Waldgesetzes, den das rumänische Parlament 2015 beschlossen hat. Insgesamt stellt dieses Gesetz meiner Ansicht nach einen erheblichen Fortschritt dar. Was wir jetzt noch brauchen, ist ein Sekundärrecht, das den Erwartungen der rumänischen Gesellschaft entspricht (also brauchbare Durchführungsbestimmungen, Anm.). Daran arbeiten wir im Moment.
profil: Wie würde Sie das Verhältnis zwischen Schweighofer und der rumänischen Regierung beschreiben?
Pașca Palmer: Es geht in meinen Augen nicht um ein Verhältnis, eher um einen institutionellen Dialog. Die Regierung muss ein Klima schaffen, das Investitionen fördert und Industrien unterstützt – und zwar auf eine Weise, die zugleich den Menschen in Rumänien nützlich ist. Zudem muss die Regierung sicherstellen, dass geltendes Recht eingehalten wird. Jedes Unternehmen, das die Umweltstandards respektiert und zur nachhaltigen Entwicklung Rumäniens beiträgt, ist hier mehr als willkommen.