Aus dem FALTER 46/2014
Kommentar: Joseph Gepp
Wer die Debatte um die geplante Novelle des Islamgesetzes in Österreich verfolgt, lernt nebenher auch etwas über das Christentum.
Seit Wochen steht die Gesetzesänderung, die von den Ministern Josef Ostermayer (SPÖ) und Sebastian Kurz (ÖVP) präsentiert wurde, in der Kritik. Der Islamexperte Thomas Schmidinger beispielsweise schrieb im Falter von einer „Logik des Verdachts“ und „sicherheitspolitischen Überlegungen, die man in keinem einzigen Religionsgesetz einer anderen Religionsgemeinschaft findet“.
Kern der Kritik: Die Finanzierung muslimischer Vereine aus dem Ausland soll verboten werden. Würde dies für alle Religionen gelten, wären etwa auch christlich-orthodoxe Kirchen aus Osteuropa in Gefahr oder manch kirchliches Entwicklungshilfeprojekt. Aber es gilt nur für Muslime.
Was sagen die anderen heimischen Kirchen dazu? Mit durchaus harten Worten kritisierten Vertreter der evangelischen Konfession in den vergangenen Wochen die Ungleichbehandlung. Bei der Frage der Finanzierung etwa stellt Bischof Michael Bünker die „sachliche Notwendigkeit und Angemessenheit“ infrage. Und überhaupt zeigen sich die Evangelischen besorgt, dass „religionsrechtliche Standards beim neuen Islamgesetz nicht eingehalten werden“.
Und was macht die – größere und einflussreichere – katholische Kirche? Sie erhebt „keinen Einwand“, so Wiens Kardinal Christoph Schönborn. Denn: „Die katholische Kirche mengt sich nicht in die Angelegenheiten anderer Kirchen und Religionen ein.“
Was Mut, Bürgersinn und Engagement betrifft, scheint die katholische Kirchenspitze auch noch im Jahr 2014 jedes Vorurteil zu bestätigen, das man über sie hegen könnte.