Aus dem FALTER 42/2014
Kommentar: Joseph Gepp
Jetzt geht die EU-Kommission also in die Offensive. Sie legt etwa das Verhandlungsmandat für das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen Europa und Amerika offen. Sie schickt Europas obersten Verhandler Ignacio Bercero durch Europas Hauptstädte, damit er von der Harmlosigkeit des Abkommens überzeugt. Und sie lanciert Werbekampagnen, auf denen „Behauptungen“ der Gegner entkräftet werden.
Auslöser für all das sind monatelange Proteste von Gewerkschaften und NGOs in ganz Europa. Ihnen ist es nicht nur gelungen, in breiten Schichten Skepsis zu wecken. Sie haben auch eine Art europäische Öffentlichkeit im Kampf gegen das TTIP geschaffen. Aber ist das, was sie sagen, wirklich nur Angstmache?
Ein schwerwiegender Einwand bleibt trotz aller PR-Aktionen der EU: Die durchschnittlichen Zölle zwischen EU und USA liegen bei nur vier Prozent. Es werden also nicht niedrigere Zölle sein, die den Handel erblühen lassen. Sondern die Angleichung von Standards. Und dass die sich am niedrigeren US-Niveau einpendeln, genau das fürchten die Kritiker.
Bei konkreten Beispielen von Chlorhuhn bis Genfleisch mag die Klage der Kommission über Angstmache zutreffen. Aber auch hier ist die Argumentation doppelbödig: Die Horrorbeispiele kommen ja gerade deshalb aufs Tapet, weil geheim gehalten wird, worüber in den Verhandlungen gesprochen wird. Man kennt nur eine lange Liste von Lobbyisten, etwa aus der Chemie- und Nahrungsmittelindustrie, die bei den Verantwortlichen vorsprechen. Dies liefert eben Grund zur Sorge.
Vorläufiges Fazit: Bislang ist das TTIP vor allem ein Mobilisierungserfolg für die europaweite Zivilgesellschaft. Und das ist auch gut so.