Was die EU mit dem Sackerl vorhat. Und wieso Indien bereits auf Haftstrafen setzt

Aus dem FALTER 46/2013

Hier gehts zur Hauptgeschichte von Sibylle Hamann

:: Was in den Medien salopp als „Plastiksackerlverbot“ daherkommt, ist in Wahrheit eine komplizierte, legistisch heikle Angelegenheit: Es geht streng genommen um eine Änderung der „Richtlinie 94/62/EG über Verpackungen und Verpackungsabfälle“ aus dem Jahr 1994. Diese untersagte bisher im Artikel 18 ausdrücklich das Verbot aller Verpackungen, die der Richtlinie entsprechen – auch von Sackerln. Nun soll das Verbot des Verbots aufgehoben werden. Das heißt im Klartext: Nationalen europäischen Regierungen soll es möglich sein, Gesetzesänderungen zu erlassen, zum Beispiel eine Bezahlpflicht für die Sackerln einzuführen.

Der Grund für die Maßnahme des EU-Umweltkommissars Janez Potocnik liegt auf der Hand: Ein durchschnittlicher Europäer verbraucht laut EU-Kommission 200 Sackerln im Jahr. Interessant ist dabei, dass der Gebrauch in einzelnen Ländern stark variiert: So benutzt ein Ire im Schnitt nur 20 Sackerln pro Jahr, wie etwa auch ein Däne oder Finne. Den höchsten Verbrauch weisen hingegen Bulgaren mit 421 und Portugiesen mit 500 Sackerln auf. Österreich liegt mit 51 pro Nase und Jahr im Mittelfeld.

Um Abhilfe zu schaffen, will Potoènik nicht nur den Artikel 18 aus der Richtlinie streichen. Er spricht auch von geplanten Sondersteuern und Abgaben. Spruchreif wird all das allerdings erst in einigen Jahren. Zunächst muss das Europaparlament zustimmen; konkrete gesetzliche Ausgestaltungen liegen dann weitgehend bei den Mitgliedsstaaten.

Mit der restriktiven Politik in Sachen Plastiksackerln folgt die EU übrigens ganz einem Trend der Zeit: Etliche Staaten und Provinzen weltweit haben im vergangenen Jahrzehnt mit Verboten experimentiert. So gilt in China seit 2008 ein Verbot der – besonders schädlichen – dünnen Plastiksackerln. In Papua-Neuguinea sind Plastiksackerln seit 2003 verboten, weil sie das ökologisch sensible Hochland des Inselstaates verschmutzen. In der indischen Hauptstadt New Delhi wird seit 2010 der Handel mit Sackerln gar mit fünf Jahren Gefängnis oder der – für Indien – astronomischen Geldstrafe von 1500 Euro geahndet. Ähnliche Verbote gibt es beispielsweise auch in Südafrika, Ruanda, Tansania und Bhutan.

JOSEPH GEPP

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