Aus dem FALTER 47/2013
Nach Jahren will die Regierung doch noch eine Bad Bank für die Kärntner Hypo. Was bringt sie?
Bericht: Joseph Gepp
Selten besteht bei einem Projekt so viel Einigkeit: SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann will sie. Die Oppositionsparteien wollen sie. Das Hypo-Management will sie. Und Klaus Liebscher, Ex-Nationalbankpräsident und heute Chef der „Task Force Hypo“, will sie auch.
Nur eine wollte sie nie: Noch-ÖVP-Finanzministerin Maria Fekter lehnte die Bad Bank für die Hypo stets ab; sie sei „Verlustmaximierung für den Steuerzahler“.
Jetzt sind Fekters Tage als Ministerin wohl gezählt; dazu tritt die Regierung nach der Wahl ehrlicher auf, was Belastungen angeht. Also tut sich nach jahrelangem Zögern doch noch etwas bei der Bad Bank. Vergangene Woche besprach Liebscher mit dem Kanzler und ÖVP-Vize Michael Spindelegger mögliche konkrete Formen der Bad Bank. Die Politiker erklärten sich danach erstmals einhellig dazu bereit. Nun sollen bald Details folgen. Aber was ist eine Bad Bank überhaupt? Und wieso kommt sie erst jetzt?
Die Geschichte der Hypo ist der vielleicht größte Skandal der Zweiten Republik. Mit Hochrisikogeschäften machten Jörg Haider und willfährige Manager die kleine Landesbank einst zur schnellstwachsenden Bank Europas. 2007 verkauften die Kärntner das vermeintlich hochrentable Institut an die Bayrische Landesbank. Zwei Jahre darauf aber wurde die wahre Situation der Hypo bekannt: Viele Kredite waren uneinbringlich, Leasinggeschäfte basierten auf Betrug. Also ließ Finanzminister Josef Pröll 2009 die BayernLB-Tochter notverstaatlichen, damit ihre Pleite nicht den ganzen heimischen Finanzsektor in Verruf bringt. Seitdem ist offen: Was tun mit der Bank? Und wohin mit ihren vielen faulen Geschäften?
Das Konzept der Bad Bank stammt aus Schweden, wo es sich bei einer kleinen Bankenkrise in den 1990ern bewährt hat. Der Grundgedanke: Eine staatliche Firma kauft von der Bank alle Kredite, die vielleicht nicht mehr zurückgezahlt werden können. Damit gilt die Bank als nicht mehr pleitegefährdet, neues Vertrauen entsteht. Der Staat hingegen wartet ab – vielleicht werden am Ende ja doch mehr Kredite zurückgezahlt als angenommen. Im schlechten Fall bleibt er auf Schulden sitzen, hat aber wenigstens das Finanzsystem stabilisiert. Befürworter sehen in Bad Banks einen sauberen Schnitt, der ein rasches Ende von Bankenkrisen ermöglicht. Gegner betonen, dass das Risiko auf den Staat übergeht; Bankschulden werden zu Staatsschulden. Im Fall der Hypo etwa geht es um Kredite und andere Geschäfte – etwa Immobilien – im Wert von 19 Milliarden Euro. Damit könnte man acht Monate lang Österreichs komplettes Gesundheitssystem finanzieren.
Würde der Staat diese Geschäfte in einer Bad Bank bündeln, erhöhte sich die Staatsschuldenquote mit einem Schlag von derzeit 74 auf über 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In der Folge würde Österreich vielleicht schlechter von Ratingagenturen bewertet; Zinsen auf Staatsanleihen würden steigen; der Spardruck wäre größer. Dies ist der wesentliche Grund für Fekters Widerstand gegen die Bad Bank.
Unterstützer der Bad Bank jedoch halten dagegen: Der Staat muss so oder so für die Hypo zahlen. Nur erfolgt es ohne Bad Bank nicht auf einen Schlag – sondern schrittweise, weniger transparent und nicht immer sofort schuldenerhöhend. Und am Ende kommt es die Republik vielleicht noch teurer als mit Bad Bank.
Derzeit zahlt der Staat regelmäßig Geld an die Hypo. Laut Gesetz darf ihr Eigenkapital nie unter acht Prozent fallen. Droht diese Gefahr – zum Beispiel weil der Wert von Krediten als niedriger als bisher eingestuft wird -, schießt der Staat zu. Rund 4,5 Milliarden Euro hat die Republik seit 2009 laut EU-Kommission in die Hypo gesteckt. Weitere 5,8 hat die Regierung in den aktuellen Budgetverhandlungen für die kommenden Jahre eingeplant.
Die enormen Zuschüsse hätte man sich mit einer Bad Bank teils sparen können, meinen Experten wie Franz Hahn vom Wifo. Denn fallen kritische Geschäfte weg, deren Werte schwanken, droht nicht ständig Gefahr für Eigenkapitalgrenzen. Und für eine Bad Bank gelten nicht dieselben strengen Gesetze wie für normale Banken, etwa in Bezug auf das Eigenkapital. Schließlich ist sie nicht aktiv am Markt tätig, sondern dient nur als eine Art Depot für Altgeschäfte.
Eine Hypo mit Bad Bank brächte damit Vorteile, sagen Befürworter: Der Staat könnte leichter sein Ziel erreichen, die Hypo rasch zu verkaufen. Damit einhergehend wäre der Druck der EU-Kommission auf Österreich geringer. Denn diese sieht in langanhaltenden Staatshilfen für Banken eine Verzerrung des Binnenmarkts – und verlangt deshalb einen Verkauf der Hypo bis 2015. Dies verschärft die Lage zusätzlich.
Wie viel genau man sich mit einer Bad Bank ersparen würde – oder ersparen hätte können -, das aber kann niemand sagen. Laut Hahn ist heute sowieso schon alles verloren. „Es ist bereits zu spät dafür, dass die Vorteile einer Bad Bank noch zum Tragen kommen könnten.“
Im Hintergrund arbeiten Liebscher und Beamte im Finanzministerium trotzdem am kleinsten Übel für den Steuerzahler. Derzeit beispielsweise wird ein Modell erwogen, an dem sich neben dem Staat auch Österreichs große Banken beteiligen. Läge ihr Anteil über 50 Prozent, würden die Kosten der Bad Bank offiziell nicht als Staatsschuld gelten. Ähnlich wie bei ÖBB und Asfinag wären sie dann jene einer ausgelagerten Firma. Freilich: Trotz besserer Optik würden die Schulden nicht verschwinden, nur weil sie unter anderem Namen laufen. Noch dazu, wo den Banken – als Gegenleistung für die Bad-Bank-Beteiligung – die Bankenabgabe von jährlich 600 Millionen erlassen werden könnte.
Fazit: Die Kosten steigen rasant, der Spielraum schrumpft stetig. Die Republik büßt heute für den Goldrausch in Haiders Kärnten. Mit oder ohne Bad Bank.
4,5 Milliarden Euro
hat die Republik laut EU-Kommission 2008 bis 2012 in die Hypo gesteckt
5,8 Milliarden Euro
wurden in den derzeitigen Budgetverhandlungen zur Bankenhilfe in den kommenden vier Jahren veranschlagt
Was ist in der Causa Hypo eigentlich geschehen? Joseph Gepp und Wolfgang Zwander geben in der Geschichte „Hippo Nimmersatt“ im Falter 28/13 einen Überblick. Nachzulesen im Internet