Aus dem FALTER 16/2013
Interview: Joseph Gepp
Österreichs Krankenkassen übererfüllen ihre Sparvorgaben. Statt 1,7 Milliarden Euro wurden zwischen 2010 und 2013 fast 2,7 gespart. Wie es dazu kommt, erklärt Ingrid Reischl, Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse und Vorsitzende der Trägerkonferenz der Sozialversicherung.
Frau Reischl, wie konnten heimische Kassen so viel Geld sparen?
Wir hatten den Auftrag der Politik, Ziele zu erreichen, ohne bei den Patienten zu sparen – also mussten wir ambitioniert mit Vertragspartnern verhandeln. Wir haben zum Beispiel bei Computertomografie und Magnetresonanztherapie maßgebliche Kostendeckel zustande gebracht. Gerade das sind Bereiche, die massiv gewachsen sind. Außerdem sind bei Medikamenten einige Patente ausgelaufen.
Offenbar gibt es im Gesundheitswesen Sparpotenzial. Was gehen Sie jetzt an?
Seit Jänner arbeiten wir daran, die Zahl der Liegendtransporte in eine sinnvolle Relation zu Sitzendtransporten zu bringen. 75 Prozent der Patienten werden liegend transportiert, das muss nicht sein. Weiters gibt es Doppelgleisigkeiten zwischen dem niedergelassenen Bereich und Spitälern. Hier werden Patienten hin- und hergeschickt.
Die Wiener Gebietskrankenkasse hat als Einzige immer noch Schulden. Warum?
Wir konnten den Schuldenstand massiv reduzieren. Aber die Wiener Kasse hat ein Einnahmenproblem, das auch an der Sozialstruktur der Stadt liegt. Wir haben viele gutbezahlte Jobs, aber auch viele Teilzeitjobs. Etliche Industriearbeitsplätze sind verlorengegangen; auf der anderen Seite sind 50 Prozent aller österreichischen Mindestsicherungsbezieher bei der Wiener Gebietskrankenkasse versichert.
Angesichts guter Zahlen fordern Ärzte einen Ausbau, etwa von Psychotherapien. Was sagen Sie dazu?
Gerade bei der Kinderpsychotherapie beispielsweise setzen wir in Wien derzeit einen Schwerpunkt. Ich sehe hier keine Chance auf einen Ausbau. In Wien sind die Versorgung und Ärztedichte ohnehin sehr hoch.