Aus dem FALTER 9/2012
Rund eine Viertelmillion Indigene leben in Nordrussland. Ihr Lebensumfeld ist oft von Energiekonzernen bedroht. Zur Sowjetzeit haben Gleichschaltung und Industrialisierung sie entwurzelt und in ein marginalisiertes Unterschichtdasein getrieben. Nicht einmal Russen im Norden des Landes wissen viel über ihre Nachbarn in der Taiga.
Umso erstaunlicher ist ein Buch, das der Wiener Erich Liaunigg in Russland aufgestöbert hat. Es handelt sich um einen Roman von Michail Oscharow, der 1895 nahe der sibirischen Stadt Krassnojarsk geboren wurde.
„Der große Argisch“ stammt aus der Sphäre der Ewenken, die bis heute in den Wäldern südlich der arktischen Nickel-Stadt Norilsk leben – auf einem Gebiet größer als ganz Europa. In klarer, schöner Sprache erzählt das Buch von Liebe und Auflehnung. Zahlreiche Ausdrücke, die heute nur noch hochspezialisierte Ethnologen kennen, zeugen von der versunkenen Kultur der Ewenken, in die Oscharows Hinterlassenschaft einen faszinierenden Einblick gewährt.
Joseph Gepp