Aus dem FALTER 43/2011
Nachfragekolumne
Müssen Werbespots für eine bessere Welt immer vor bierernster Sorge um ebendiese triefen?
Gar nicht, wie ein Spot der schweizerischen Entwicklungshilfeorganisation Solidar Suisse zeigt. Die NGO setzt sich dafür ein, dass Uni-Mensen und Betriebskantinen fair produzierten Kaffee anbieten. Vor allem einen Konzern kritisiert Solidar heftig: Nestlé, dessen Kaffeemarke Nespresso trotz ihres exorbitanten Preises über keine Fair-Trade-Linie verfügt.
Den parodistischen Spot sieht man seit September auf Youtube und der Website solidar.ch: Ein fast echter George Clooney tritt – inklusive passender Musik – aus einem Nespresso-Shop. Wie im richtigen Werbespot entgeht er knapp dem Flügel, der vom Himmel fällt. Dann aber löst sich das Nespresso-Schild über dem Geschäft aus seiner Verankerung und trifft Clooney auf den Kopf und in die Weichteile. „Sorry George“, sagt die nachgeahmte Stimme von John Malkovich. „So fühlt es sich an, wenn man als Kaffeepflücker ausgebeutet wird.“
Es sei langweilig, immer gesichtslose Großkonzerne zu adressieren, meint dazu eine der Macherinnen des Spots, Katja Schurter von Solidar. Stattdessen konzentriere sich ihr Beitrag auf ein äußerst bekanntes Individuum. Am Schluss des Spots wird aufgefordert: „Schreiben Sie George Clooney!“ Auf der Solidar-Website kann man das tatsächlich tun. „Wir müssen Millionen sein, um etwas zu verändern“, schreibt jemand an George. „Du kannst es allein.“
Das Clooney-Double ist ein Freizeit-Model aus Zürich, Malkovich spricht ein Stimmenimitator – dennoch erregte die Guerilla-Marketingaktion Aufsehen: Fast eine Million Menschen haben sich den Spot angesehen. Etliche TV-Stationen berichteten. Und Nespresso will nun seine Produktionsbedingungen evaluieren.