Aus dem FALTER 36/2011
Umbau
Dort, wo man kürzlich noch Schotter und Gestrüpp übersah, wächst heute ein Turm. 16 Stockwerke ist der „DC-Tower“ des französischen Architekten Dominique Perrault am Wiener Donauufer schon hoch. Sechzig sollen es sein, wenn das Haus 2013 mit 220 Metern Österreichs höchstes Gebäude sein wird.
Gerhard Brunner, Projektleiter von der Wiener Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum (WED), sitzt im Gebäude vis-à-vis. Ein Bild vom Empire State Building ziert seine Bürowand. Inwieweit hat 9/11 den Hochhausbau verändert? Welche Auswirkungen haben sie auf die Turmbaustelle in Wien? Brunner klappt einen Bauplan auf. „Ein wesentlicher Faktor ist wohl dies hier“, sagt er und zeigt auf ein graues Kästchen, das mitten im Grundriss des Turms verzeichnet ist.
Es ist eine Säule aus Stahlbeton, um die herum der Turm entsteht. Sie bildet buchstäblich den harten Kern des Gebäudes, mit Fluchtstiegen, Lift- und Versorgungsschächten. Das sei eine in Europa übliche Bauweise, erklärt Brunner. In Amerika nehme man traditionell keinen Stahlbeton, sondern reinen Stahl.
Die US-Methode ist zwar baulich weniger aufwendig, zeitigte aber bei 9/11 fatale Folgen: Die Wucht der aufprallenden Flugzeuge riss die Schutzplanken weg, die die Stahlträger abschirmen sollten. Das Kerosin brachte dann den Stahl zum Schmelzen, bis ein Stockwerk auf das nächste stürzte. Beim Stahlbeton europäischer Bauten wäre das in dieser Form wohl nicht passiert.
Während Hochhäuser in den 80er-Jahren möglichst technisch verspielt und in den 90ern nachhaltig errichtet sein mussten, trat mit 9/11 die Sicherheitsfrage in den Vordergrund. „Zukünftige potenzielle Kriegsschauplätze“ nannte sie etwa 2003 die Frankfurter Rundschau und ortete eine „Militarisierung des Ingenieurwissens“. Evakuierungsszenarien wurden durchgespielt, doppelte Glasfassaden sollten den Druckwellen von Autobomben standhalten.
In Wien begegnet man dieser Gefahr mit einer Fußgängerzone um den Perrault-Turm – Autos können nur durch ein Untergeschoß zufahren. Außerdem, erklärt Brunner, würden Zivilschutzübungen durchgeführt, um auf Notfälle vorbereitet zu sein. „Insgesamt“, sagt er, „glaube ich, dass wir – sowohl planerisch als auch von der technischen Ausstattung her – bestmöglich auf einen möglichen Terrorakt vorbereitet sind.“ JOSEPH GEPP