Aus dem FALTER, 19/2011
Joseph Gepp
Was muss geschehen, damit der Wiener Gemeindebaubewohner nicht FPÖ wählt? Blickt man auf die Ergebnisse der letzten Wien-Wahl im Oktober 2010, dann lautet die Antwort wohl vor allem: ihn flächendeckend sozialarbeiterisch betreuen.
Anfang 2010 gründete SPÖ-Wohnbaustadtrat Michael Ludwig die Wiener Wohnpartner, eine Serviceeinrichtung zur Konfliktprävention im Gemeindebau. Ende 2010 fiel der blaue Triumph im Bau nicht ganz so überwältigend aus wie erwartet: Laut dem Institut Sora stimmten 57 Prozent der Gemeindebau-Wiener – es sind ingesamt so viele, wie Graz und Linz zusammen Einwohner haben – für die SPÖ, 29 für die FPÖ.
Keine andere Metropole der Welt biete eine derart flächendeckende Gemeinwesenarbeit an, freut sich die Gemeinde Wien dieser Tage und zieht erstmals Bilanz über die Tätigkeit der 18 Wiener-Wohnpartner-Büros samt Zweierteams, die auf Fahrrädern von Bau zu Bau strampeln.
130.000 Bewohner seien insgesamt kontaktiert, 29.000 konkrete Fälle bearbeitet worden, hieß es bei einer Präsentation vergangene Woche. Mehr als die Hälfte der Konflikte drehten sich um Lärm – natürlich vor allem dort, wo Menschen auf engem Raum zusammenlebten und Kinder in Höfen spielten. Oft liege den Konflikten ein „unterschiedliches Lärmempfinden“ zugrunde, erklärt Wohnpartner-Sprecherin Heike Warmuth. Manchmal konnten auch konkrete Maßnahmen Abhilfe schaffen, etwa plastikbeschichtete Flüster-Basketballkäfige im Favoritner Karl-Wrba-Hof. Auf Platz zwei der Ärgernisse lagen Streitigkeiten um die Raumnutzung – etwa wenn Pensionisten auf Parkbänken Fußbälle um die Ohren pfeifen.
33 Millionen Euro hat die Stadt Wien bis zum Jahr 2017 für die Wohnpartner veranschlagt. Rathausoppositionelle wie der ÖVP-Wohnbausprecher Norbert Walter vermissen „eine profunde Kosten-Nutzen-Analyse“ der Großinvestition – „diese prinzipiell wichtige Maßnahme darf nicht zur Kosmetik verkommen“.