Wenn ein kleines Geschäft aufsperrt, zusperrt, ausverkauft oder sonderanbietet, dann verlautbart es dies gemeinhin auf streifenförmigem Buntpapier, das hinter das Schaufenster geklebt wird. Diese Tatsache ist wohl weniger Wien-spezifisch als eher dem Umstand geschuldet, dass kleine Geschäfte im Gegensatz zu großen keine teuren Großplakate affichieren und keine Fernsehwerbung schalten können. Wien-spezifisch ist aber – zumindest ist uns das sonst in keiner Stadt aufgefallen –, dass die Plakate stets schief aufgehängt werden. Ob „Neueröffnung“, „Alles muss raus“ oder „Geschäftsaufgabe“: Hinter dem Schaufenster regiert die Asymmetrie. Was dort geschieht, erinnert ein wenig an die Anordnung von Bravo-Postern in den Zimmern Frühpubertierender. Wie kam es wohl dazu? Wir glauben: Einst hingen alle Plakate gerade. Dann dachte ein findiger Geschäftsmann: Wenn ich meines schief platziere, falle ich mehr auf. Irgendwann begannen alle ihre Plakate schief aufzuhängen. Was wäre wohl heute der Weg, um aufzufallen?
Erschienen im Falter 41/2010