Wenn Sie diese Kolumne öfters lesen, wird Ihnen sicher aufgefallen sein, wie schamlos wir hier Menschen klassifizieren, schubladisieren und andauernd kenner- und gönnerhaft in Gruppen teilen. In diesem Sinn: Es gibt zwei Arten von Wienern, je nachdem, ob sie den vorderen oder hinteren Straßenbahnwaggon nehmen. Denn die Wiener Linien koppeln dankenswerterweise nicht alte an alte und neue an neue Wägen, sondern immer einen neuen (vorne) an einen alten (hinten), sodass die Durchschnitts-Bim immer halbneu (oder für Pessimisten: halbalt) ist. Folglich sitzen im vorderen Waggon jene, die sich zwar manchmal vor dem Niedersetzen ihre Beinkleider zurechtstreifen, denen aber Straßenbahnfahren ansonsten herzlich egal ist. Hinten aber sammeln sich jene, die fürchten, dass eines Tags nur noch ULFs durch Wien kreuzen werden. Sie fahren schon mal eine Extrarunde, und sie lieben den speziellen Duft des Bim-Holzbodens, diese Mischung aus Parkettwachs und Streusplit. Im vorderen Waggon würde man einen solchen Gestank niemals dulden.
STADTRAND – Sind Sie erster Waggon oder zweiter Waggon?
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