Der Sonntag ist, wie hier schon berichtet wurde, ein ideologisch umstrittener Tag. Nicht nur beim Billa am Praterstern, wo jeden Sonntag verlässlich eine kleine Schlacht ausbricht. Auch das Mannerschnittengeschäft am Stephansplatz, in dem aus jeder Fußbodenritze die zuckerlrosa Corporate Identity leuchtet, steht der Kundschaft sieben Tage pro Woche zur Verfügung. Allerdings gehört der Manner-Shop baulich gesehen zum Erzbischöflichen Palais. Und über den sonntags heftig frequentierten zuckerlrosa Türbögen baumelt ein strenger Sinnspruch katholischer Provenienz aus bischöflichen Fenstern: „Gib der Seele ihren Sonntag, gib dem Sonntag seine Seele.“ Ein Münchner Kardinal hat das gesagt, Papst Benedikt hat es zitiert, als er Wien besuchte und im Dom predigte. Besteht die angesprochene Seele vielleicht aus Nougatcreme zwischen Oblaten (oder, um bei der Corporate Identity zu bleiben: aus zarter haselnussbrauner Creme zwischen krossen Waffelscheiben)? Oder hat sich da der Teufel ins eigene Haus eingeschlichen – durch die zuckerlrosa Hintertür?
Erschienen im Falter 13/09