Wien – Eine vom Österreichischen Institut für Internationale Politik (OIIP) organisierte Podiumsdiskussion am Mittwoch brachte Erhellendes zur russischen Energiepolitik: Der Gasprom-Konzern, im russischen Inland weit gehend Monopolist, versucht auf internationaler Ebene seine Gastransitrouten auf mehrere Staaten zu verteilen – um zu verhindern, dass die Transitländer im Krisenfall über das Erdgas verfügen. Wie schon einmal passiert im Gasstreit mit der Ukraine im Winter 2005: Um eine Erhöhung des Preises zu erzwingen, wurde der Ukraine kurzerhand der Gashahn zugedreht.
Das Erdgas in den Westen floss allerdings weiter fast ausschließlich durch ukrainische Pipelines – die Ukrainer zapften einfach das für den Westen gedachte Gas an, worauf in den westeuropäischen Pipelines der Druck sank und Russland plötzlich als unzuverlässiger Lieferant dastand.
Lehrbeispiel
Es handle sich, wie Gerhard Mangott von der Universität Innsbruck erklärte, dabei um ein Lehrbeispiel, wie Politik und Wirtschaft in Russland zusammenspielen: Die Strategie der Diversifikation im Anschluss an den Gasstreit stärkte in wirtschaftlicher Hinsicht den Gasprom-Konzern und sorgte in politischer Hinsicht dafür, dass derartige Unpässlichkeiten nicht mehr vorkommen. Bis 1999 floss das gesamte russische Erdgas über ukrainisches Territorium in den Westen, heute sind es nur noch zirka zwei Drittel.
Zwischenzeitlich wurden zwei neue Pipelines über Weißrussland und die Türkei errichtet, zwei weitere Seerouten sind in Bau. Die Gefahr, dass das Transitland Ukraine noch einmal nach Gutdünken über russisches Gas verfügt, dürfte damit gebannt sein. (Joseph Gepp, DER STANDARD, Printausgabe 6.7.2007)